Ei, Ei, ein Ei

Ein Kinderbuch über das Ei ist in diesem Sommer ein Verkaufsschlager. Das Ei hat in vielen Kulturen eine magische Bedeutung. Das Ei ist ein Symbol für das Werden und für das Entstehen. „Wie aus dem Ei gepellt“, sagen wir, wenn sich jemand neu erfunden oder neu gestylt hat. Und was aus dem Ei schlüpft, ist immer ein kleines Wunder. Etwas Einmaliges. Denn ein Ei ist nicht einfach ein Ei.  Die literarische Ei-Tanz-Performance im erfolgreichen rro-Livestream-Frühlingsfest vom vergangenen April hat das Thema ebenfalls für Kinder adaptiert.

Eier sind nie ab der Stange. Sie kommen in vielen Grössen, Formen und Farben vor. Im Kindersachbuch „Das Ei“ verwendet die deutsch-britische Künstlerin Britta Treckentrup das sogenannte „digitale Collagieren“. Beim digitalen Collagieren gibt die Künstlerin Bildflächen vor, die vom lesenden Kind umgefärbt und mit unterschiedlichen Strukturen unterlegt werden können. Kinder können beim Lesen und Betrachten dieses Sachbuches somit auch ihre taktile Seite ausleben, das heisst, sie können selber Hand anlegen.  Sie können ihre Ideen eigenmächtig umsetzen und Farbnuancen ausprobieren.

Auf diese Weise lässt sich in diesem Kinderbuch Ei um Ei mit variierten Hintergründen kombinieren. Das grösste und das kleinste Ei stehen in Lebensgrösse auf einer einzigen Seite des Buches. Bei den Vogelnestern ist erstaunlich, dass Nestform und Eifarben viel miteinander zu tun haben. Das Kinderbuch „Das Ei“ ist ein Buch, das nicht bloss Kinder staunen lässt.

Für das äusserst erfolgreiche rro-Livestream-Frühlingsfest vom vergangenen April (über 2000 Viewer, ausverkauftes rro-Studio Barrique) hatte die Tanzpädagogin Jeannette Salzmann mit Kindern eine Ei-Tanz-Performance einstudiert die ich mit literarischen Texten umrahmen durfte. Das Ei prägte als Motiv diese Literatur-Sendung, denn das Ei spielt in der Literatur eine überaus wichtige Rolle.

In der literarischen Klassik bezeichnete der Dichterfürst Goethe die Ballade als das Ur-Ei, das alle literarischen Gattungen vereinigt: Die Lyrik (die Gedichte, das Musikalische) ist das Gelbe vom Ei. Die Epik (Erzählung, Märchen, Geschichten) ist das umgebende Eiweiss. Das Drama (griechisch: Handeln, Darstellung mit Rollenträgern) ist die Schale, die das Ei umgibt und zusammenhält.

So gesehen, ist das literarische „Ur-Ei“ bis heute die Vorlage geblieben für eine erfolgreiche und ausgewogene Literatur-Performance oder TV-Sendung.

Literatur: Britta Teckentrup: Das Ei. Aus dem Englischen von Kathrin Köller. Prestel Verlag, München 2017. 96 Seiten.

Zum Bild:  Ei-Tanz-Performance von Tanzpädagogin Jeannette Salzmann mit Texten von Kurt Schnidrig. Foto: rro.