Wie waren die Ferien?

Wo warst Du in den Ferien? Was hast Du erlebt? Wie war das Essen, das Hotel, der Strand? Gespräche zu solchen Fragen sind jetzt angesagt. Es sind Gespräche mit Freunden, die soeben aus den Ferien zurückgekehrt sind. Persönlich mag ich solche Gespräche sehr. Sehr gerne höre ich meinen Freundinnen und Freunden zu, denn sie bringen mich mit ihren Erzählungen und Berichten auf neue Gedanken und Ideen. Ich schätze es sehr, mich mit meinen Bekannten zu einem Kaffee oder zu einem Bierchen zu treffen, irgendwo in einer schattigen Beiz oder an einer der vielen Festivitäten, die das Ferien-Ende erträglicher machen. Ich mag lebendige Reiseberichte, Schilderungen aus erster Hand.

Der Schriftsteller Matthias Debureaux hat ein Buch geschrieben über das Erzählen von Reiseberichten. Wie soll man die Daheimgebliebenen mit seinen Reiseberichten beglücken? In seinem Sachbuch beschreibt er ausführlich, was bei der Schilderung von Ferienerlebnissen gefälligst zu unterlassen ist. Im Buch „Die Kunst, andere mit seinen Berichten zu langweilen“, beschreibt er, wie Heimkehrer und Ferienleute mit ihren Reiseberichten ihre Freunde und Angehörigen nerven. Dazu gehören die unzähligen Bildchen und Videos, die man via Smartphone präsentiert bekommt, die aber den Betrachter nach kurzer Zeit ermüden und langweilen.

Natürlich nehmen wir all den Ferien-Rückkehrern ihre Erlebnisse am Strand, an der Hotelbar und auf dem Traumschiff auch unbesehen ab. Wir verzichten gerne auf die digitale Beweisführung. Denn es ist schon klar, heute wird alles digital festgehalten. Dies nicht zuletzt mit dem Hintergedanken, die Daheim-Gebliebenen mit der Ferien-Doku zu euphorisieren und sich selber auf Grund des Erlebten zum Helden und Abenteurer zu erheben. Doch mal ganz ehrlich: Die Wolkenkratzer von New York, die Sanddünen von Tunesien und die weissen Bungalows von Mykonos haben wir alle schon auf so vielen Reise-Prospekten besichtigt.

Nicht mehr das Entdecken stehe beim Reisen in ferne Länder im Vordergrund, sondern das Besichtigen, moniert der Schriftsteller Debureaux. Und was da alles mit der Handykamera fotografiert wird! Jede Mahlzeit, Flugtickets, Hotel-Betten, Liegestühle, Sonnenschirme, Sandburgen… Fakten und Fotos, die auf die Nerven gehen, meint Debureaux. Das dicke Ende dieser endlosen Bilddokus aus den Ferien kommt aber erst noch. All die mehr oder weniger unscharfen Aufnahmen werden zu guter Letzt in Social-Media-Portalen geteilt.

Worin aber besteht die Kunst, andere mit seinen Reiseberichten zu faszinieren? Die Zauberworte heissen authentisch, lebendig, von Angesicht zu Angesicht, und vor allem: in einer kommunikativen Situation, in der auch mal der Zuhörer die Chance bekommt, zum Erzähler zu werden. Gefragt sind unsere Erzählungen und Berichte über eigene Entdeckungen, weniger über die obligaten Besichtigungen.

Literatur: Matthias Debureaux: Die Kunst, andere mit seinen Reiseberichten zu langweilen. Verlag Nagel & Kimche, 2017. 112 Seiten.

Zum Bild: Spannende Entdeckungen ergeben interessante Reiseberichte. Geschäftsstrasse in Hongkong. Foto: Schnidrig.