Erster Schweizer Vorlesetag

Am 23. Mai 2018 finden in unserem Land zahlreiche private, schulische und öffentliche Vorleseaktivitäten statt. Der erste Schweizer Vorlesetag stösst bereits jetzt auf grosses Interesse. Der Vorlesetag ist eine Initiative des Schweizerischen Instituts für Kinder- und Jugendmedien SIKJM. Dem SIKJM sind kantonale Organisationen angeschlossen. Als Präsident von Kinder- und Jugendmedien Wallis freue ich mich, zusammen mit KJM Wallis zur Mobilisierung des Vorlesetags  beizutragen. Über regionale Aktivitäten im Rahmen des nationalen Vorlesetags werden wir zu gegebener Zeit informieren. Warum ein nationaler Vorlesetag?

Das Vorlesen von Geschichten fördert Kreativität und Ausdrucksfähigkeit. Im vertrauten Rahmen von Vorleser und Zuhörer eröffnen sich neue und spannende Welten. Das Vorlesen bietet darüber hinaus ein Gemeinschaftserlebnis. Wenn sich Mama, Papa, Grossmama, Grossvater, Lehrperson oder eine andere vertraute Person die Zeit zum Vorlesen nimmt, tut sie nicht nur viel für das Beziehungsgefüge. Sie trägt darüber hinaus auch noch Entscheidendes bei zur kindlichen und jugendlichen Entwicklung. Kinder, die regelmässig Geschichten vorgelesen bekommen, verfügen über einen signifikant besseren Wortschatz, und sie werden auch ein Leben lang das Lesen und Schreiben besser beherrschen. Auf den Punkt gebracht, liesse sich sagen: Durch Vorlesen eröffnen und erleichtern wir unserer Jugend grössere Bildungschancen.

Vorlesen kennt keine Altersbeschränkung. Auch erwachsene und erfahrene Leserinnen und Leser schätzen es, wenn sie Geschichten vorgelesen bekommen. An gut besuchten Literaturfestivals und in vielen kulturellen Einrichtungen gehen immer wieder spannende Vorleseaktivitäten über die Bühnen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob nun in Hochdeutsch, Schweizerdeutsch oder in einer anderen Sprache vorgelesen wird. Und auch die Form des Vorlesens darf variieren. Nicht immer muss es ein Buch sein. Auch erfundene Geschichten bereiten Spass. Zudem verfügt wohl jeder Mensch über einen grossen Fundus von eigenen Geschichten. Wer aus dem eigenen Erleben schöpft, der wirkt echt, authentisch und glaubwürdig. Beim Geschichtenerzählen ist selbstverständlich auch das Ausschmücken mit eigenen Zutaten erlaubt. Ob „Jägerlatein“ oder „Fantasy aus der eigenen Geschichten-Küche“: Hauptsache, der geschichtenhungrigen Zuhörerschaft gefällt, was Sie aus Ihrem eigenen Erzähl-Fundus schöpfen.

Rituale sind beim Vorlesen wichtig. Vorlesen sollte nicht bloss ausnahmsweise stattfinden. Der nationale Vorlesetag mag eine Initialzündung sein. Doch erfolgsversprechender ist das regelmässige Vorlesen. Untersuchungen zeigen, dass schon fünf Minuten Vorlesen pro Tag sich positiv auf die Entwicklung von Kindern auswirken können. Kommt dazu, dass Sie Ihren Zuhörerinnen und Zuhörern mit dem Vorlesen das Wichtigste und Schönste schenken. Sie schenken ein wenig Zeit, Nähe und Aufmerksamkeit.

Schon kleine Tricks machen das Vorlesen zum Erlebnis. Variieren Sie Ihre Stimme entsprechend den Erzählinhalten. Wechseln Sie ab zwischen lautem und leisem Erzählen, zwischen Flüstern und einfühlsamem Erzählen. Vergessen Sie Ihre Mimik und Gestik nicht. Der Gesichtsausdruck sollte mit dem Erzählten korrespondieren. Und ihre Körpersprache darf das Erzählen moderat und angemessen unterstützen. Und noch etwas Wichtiges: Verlieren Sie sich nicht in Ihren Büchern, Papieren und Vorlagen. Nehmen Sie während dem Vorlesen immer wieder mal Blickkontakt auf zu Ihrer Zuhörerschaft. Kleine Pausen während dem Vorlesen erzeugen und erhöhen zudem die Spannung.

Materialien zum ersten Schweizer Vorlesetag finden Sie auch online. Eine dreisprachige Website ist bereits online:  www.schweizervorlesetag.ch . Mehrere nationale Partnerorganisationen engagieren sich für den Schweizer Vorlesetag. Das SIKJM initiiert den Vorlesetag in Kooperation mit Famigros und 20 Minuten. Zudem wird die Initiative vom Bundesamt für Kultur und von Stiftungen unterstützt. Damit der Vorlesetag weitherum bekannt wird, engagieren sich auch wichtige Netzwerkpartner dafür. Dazu gehören der Schweizerische Städteverband SSV, der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH, der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV und Bibliomedia Schweiz.

Text und Foto (Symbolbild): Kurt Schnidrig