„Lieber Papa, eigentlich ist ja heute Muttertag, aber ich habe für dich auch etwas.“ Diesen Satz schrieb und schenkte mir früher einmal einer von meinem Jungs im zarten Kindesalter (Bild). An diesem Wochenende lassen wir unsere Eltern hochleben. Von Herzen gönnen wir Väter den Müttern ihren Muttertag. Gut, wir freuen uns natürlich, wenn man unseren „Vatertag“ als kleines Anhängsel an den Muttertag auch noch mitfeiert.

Rein historisch betrachtet, hat der Vatertag sogar die älteren Wurzeln.  Und, liebe Väter, falls ihr das vergessen haben solltet: Heute, an Christi Himmelfahrt, wäre eigentlich unser Vatertag. Seit dem 4. Jahrhundert feiern Christen exakt 39 Tage nach dem Ostersonntag das Fest Christi Himmelfahrt. Im 16. Jahrhundert kam der Brauch auf, in Prozessionen durch Feld und Flur zu ziehen und für eine gute Ernte zu beten. Abends traf man (Mann!) sich zum Tanzen, Essen, und natürlich zum Trinken. Daraus entwickelte sich der Vatertag, an dem die Herren der Schöpfung die Festlichkeiten von Christi Himmelfahrt nutzten, um sich vor allem dem gemeinsamen Trinken hinzugeben.  Mangels religiöser Motivation traten im 19. Jahrhundert die kirchlichen Feierlichkeiten zum Fest Christi Himmelfahrt in den Hintergrund. An deren Stelle entwickelte sich in Deutschland ein weltlicher Brauch namens „Herrenpartie“. Die Herrenpartie wiederum lieferte dann die Vorlage für den modernen Vatertag. In unserem Nachbarland wird an diesem Tag gewandert und getrunken. Der Vatertag – anstelle des früheren Festes Christi Himmelfahrt – hat den Vorteil, dass der anschliessende Freitag ein Brückentag ist. Spitze Zungen behaupten, der Freitag als Brückentag diene lediglich dazu, dass die Väter ihren Rausch vom Vatertag in Ruhe ausschlafen können. Ein offizieller Feiertag allerdings ist der Vatertag nicht. Aber vielleicht sollten wir Schweizer es ausnahmsweise den Deutschen gleichtun: Seit 1934 ist Christi Himmelfahrt ein gesetzlicher Feiertag und zusätzlich auch noch inoffizieller Vatertag.

Auch der Muttertag ist kein offizieller Feiertag. Allerdings findet er stets am zweiten Sonntag im Mai statt. Die Idee dazu soll die amerikanische Frauenrechtlerin Anna Jarvis gehabt haben. Auf ihren Vorstoss hin führte der US-Präsident Woodrow Wilson 1914 den Ehrentag für Mütter ein. Die Initiantin beabsichtigte, mit einem Muttertag auf die Benachteiligung von Frauen aufmerksam zu machen. Die Muttertags-Idee schwappte im Jahr 1923 nach Europa über, insbesondere nach Deutschland. Treibende Kraft für die Einführung des Muttertags war der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber. Eine Karte zum Blumenstrauss gehörte seit jeher dazu. Mit auf der Karte auch ein Gedicht oder ein poesievoller Text.

Gedichte und Sprüche zum Muttertag gehören seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts zum schriftstellerischen Werk vieler bedeutender Autorinnen und Autoren. Hier nur eine kleine Auswahl davon.

Eine aussergewöhnliche Mutter feierte die Schriftstellerin Renate Eggert-Schwarten: „Meine Mama ist ganz anders / als normale Menschen sind, / und ich muss das wirklich wissen, / schliesslich bin ich ja ihr Kind. / Sie schaut mir in meinen Kopf, / mitten ins Gehirn, / liest problemlos die Gedanken / hinter meiner Stirn. / Meine Mama ist ein Wunder, / so toll wie sie ist keine. / Was hab‘ ich für ein Glück gehabt: / gerade sie ist meine!“

Wie lassen sich Dankbarkeit und Liebe ausdrücken? Einer der bekanntesten Frauenfiguren der deutschen Literaturgeschichte fehlen dafür schlicht die Worte. Annette von Droste-Hülshoff schreibt: „So gern hätt‘ ich ein schönes Lied gemacht / Von deiner Liebe, deiner treuen Weise. / Die Gabe, die für andre immer wacht, / Hätt‘ ich so gern geweckt zu deinem Preise. / Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr, / Und wie ich auch die Reime mochte stellen, / Des Herzens Fluten wallten darüber her, / Zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.“

Was heisst Mutter-Sein wirklich? Die Autorin Renate Eggert-Schwarten hat sich darüber Gedanken gemacht: „Mutter werden geht ganz schnell, / Mutter sein dauert an / für den ganzen Rest des Lebens, / und das ist oft ziemlich lang… / Junge, frisch vermählte Leute / machen sich das gar nicht klar / oder halten solche Worte / schlicht und einfach nicht für wahr. / So ist es mir selbst ergangen, / doch heut bin ich sehr viel schlauer, / weiss nun ohne jede Frage: / Kinder haben ist von Dauer!“

Allen Müttern und Vätern meine herzlichsten Wünsche zu einem wundervollen Elterntag!

Text und Foto: Kurt Schnidrig