Erzählnacht in allen Farben

Am Freitag, 9. November, steigt die 29. Schweizer Erzählnacht. Die Erzählnacht ist im Jahr 1990 unter meiner Leitung aus der „Oberwalliser Märlinacht“ hervorgegangen. Persönlich habe ich dieses nationale Literaturprojekt als Deutschlehrer am damaligen Oberwalliser Kindergärtnerinnenseminar in meiner Funktion als erster Projektleiter aufgegleist und geleitet. Mittlerweile ist die Schweizer Erzählnacht zum erfolgreichsten Schweizer Leseförderungsprojekt avanciert. 2017 fanden 638 Veranstaltungen in allen vier Landesteilen der Schweiz statt. Damit ist die Schweizer Erzählnacht der grösste nationale Kulturanlass. Die Organisation hat nun das Schweizerische Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM in Kooperation mit Bibliomedia Schweiz und UNICEF Schweiz übernommen.

In allen Farben – Multicolore – Di tutti i colori – Da tut las colurs. So lautet das Motto der diesjährigen Erzählnacht. Schulen, Bibliotheken, Buchhandlungen, Jugendtreffs, Gemeinschaftszentren und andere Institutionen sind bereits seit Monaten in die Vorbereitungen involviert. So werden Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene im ganzen Land den Spagat zwischen literarischer Spannung und Spass an bunten Farben versuchen. Der Fantasie der VeranstalterInnen sind dabei keine Grenzen gesetzt. Geschichten von Grünschnäbeln und bunten Hunden sind ebenso gefragt wie Rollenspiele über kunterbunte Vielfalt, Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

Auch fünf Schauplätze im Oberwallis. Es versteht sich, dass traditionell auch im Oberwallis, der Wiege der Schweizer Erzählnacht, die lange Nacht der Geschichten gefeiert und zelebriert wird. Fünf Austragungsorte haben ihre Veranstaltungen bei der Kantonalsektion des SIKJM, bei Kinder- und Jugendmedien Wallis, angemeldet. Als Präsident des Vereins Kinder- und Jugendmedien Wallis freue ich mich jedes Jahr riesig über die treuen und begeisterten Erzählerinnen und Erzähler in den verschiedenen Gemeinden.

In Bitsch startet die Erzählnacht beim Eindunkeln um 18.00 Uhr und endet erst am Samstagmorgen mit einem gemeinsamen Frühstück. Unter der Leitung von Vanessa Walker stehen während der Nacht verschiedene erzählerische Leckerbissen auf dem Programm. Gemeinsam startet die Bitscher Erzählgemeinde mit dem „Farbenmärchen“. Verschiedene Lese-, Spiel- und Bastelateliers zum Thema „In allen Farben“ werden die Zeit verkürzen. Mit der Taschenlampe lesen und kunterbunt träumen bis zum Frühstück – das versprechen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Angesprochen sind vorab die Jugendlichen der Klassen 5H – 6H.

In Fiesch engagieren sich die Lehrpersonen unter der Leitung von Beatrice Lambrigger. Im Regionalschulhaus und in der Regionalbibliothek steigt die Erzählnacht für ihre Kundschaft aus der Primarschule und aus der OS. Im Schulhaus werden fünf verschiedene, altersgerechte Ateliers angeboten. Die Regionalbibliothek steht offen für erwachsene Besucherinnen und Besucher. Die Erzählnacht in Fiesch ist anberaumt zwischen 18.00 Uhr und 20.00 Uhr.

In Naters sorgen Erzählteams der Fachmatura Pädagogik OMS St. Ursula für erzählerische Überraschungen. Die Inhalte sind vorderhand noch geheim. Wer die Ateliers der angehenden Pädagoginnen und Pädagogen in den vergangenen Jahren besucht hat, der weiss jedoch, wie spannend und wie lehrreich sich die verschiedenen Produktionen und deren Nachbereitung gestalten. In Naters startet die Erzählnacht unter Leitung der angehenden Pädagoginnen und Pädagogen um 19.00 Uhr, und dies sowohl in der Primarschule an der Schulhausstrasse (Leitung: Rahel Kalbermatter), wie auch in der Primarschule an der Weingartenstrasse (Leitung: Simone Steiner).

Traditionsgemäss startet die Erzählnacht in der OMS Brig. Nach einer Begrüssung folgt eine kurze Einführung mit Film und Theater. Danach ist Vorlesen und freies Lesen angesagt. Schülerinnen und Schüler der 4H, 5H und 6H legen sich dann zur Ruhe und träumen dem gemeinsamen Frühstück entgegen. Methodisch und pädagogisch ist Enja Kluser seitens der Fachmatura Pädagogik die Ansprechpartnerin.

Die Schweizer Erzählnacht beruht auf drei Prinzipien. Es sind dies die gleichen Prinzipien, wie sie bereits bei der ersten Erzählnacht im Jahr 1990 von Kinder- und Jugendmedien Wallis unter meiner Präsidentschaft formuliert worden sind. Das erste Prinzip: Gleiche Nacht. Die Schweizer Erzählnacht findet immer am zweiten Freitag im November statt. Mit dem Übergang vom Spätherbst zum Winter kommen Erzählen und Vorlesen so richtig zum Zug. Und der Freitag ist ideal: Er lädt zum Ausdehnen der Nacht geradezu ein. Das zweite Prinzip: Gleiches Motto. Das SIKJM, Bibliomedia Schweiz und UNICEF Schweiz legen jeweils ein Motto fest, das breit einsetzbar ist und der Fantasie von VeranstalterInnen viel Raum lässt. Das dritte Prinzip: Individuelle Gestaltung. Wie die einzelnen Veranstaltungen aussehen, für wen sie bestimmt sind und wo sie stattfinden, ist offen. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Ausgangspunkt können bestehende oder eigens für den Anlass produzierte Texte sein, die dann vorgelesen oder szenisch mit verteilten Rollen und musikalischer Begleitung dargeboten werden; es eignen sich z.B. Geschichten-Events und Autorenlesungen. Aber auch Spiele und der Einbezug von kulinarischen Elementen steigern die Attraktivität der Erzählnacht.

Viel Erfolg und jede Menge Spass, liebe Erzählerinnen und Erzähler! In meiner Funktion als Initiant der Schweizer Erzählnacht und als amtierender Präsident von Kinder- und Jugendmedien Wallis bin ich selber auch als Erzähler im Einsatz. Ich bitte deshalb um Verständnis, dass ich leider nicht alle Veranstaltungen besuchen kann.

Text und Foto (Symbolbild): Kurt Schnidrig