Das war BBB – ein persönlicher Blick zurück

 

Das Multimediafestival Berg Buch Brig geht heute Sonntag zu Ende. Fünfzig Veranstaltungen innert fünf Tagen – da war bestimmt für jeden und für jede etwas mit dabei. Bedeutenden Literatinnen und Literaten standen viele unbekannte Autorinnen und Autoren gegenüber, die aber alle mit viel Herzblut ihr Objekt der Begierde, den Berg, aus persönlicher Perspektive verherrlichten, verzauberten oder dämonisierten. Sie taten dies in Buchform, in Kurzfilmen oder schlicht und überzeugend in Form eines bebilderten Vortrags. Von der Mittagszeit an bis weit nach Mitternacht gaben sich die Bergfreundinnen und -freunde die Türklinke des grossen Saals im Zeughaus buchstäblich weiter in die Hand.

Zwischen Realität und Fiktion. Die Faszination der Berge auf allen Kontinenten treibt teils seltsame Blüten. Davon berichten etwa die Aufzeichnungen der Reiseschriftstellerin Ella Mayart aus dem Val d’Anniviers. Sie unternahm eine Expedition nach Nepal, um die Sherpas mit den Wallisern zu vergleichen. Gut deshalb, dass auch bodenständige Beiträge von echten Berglern im Bergbuchfestival ihre Berücksichtigung fanden. Da sass ich beispielsweise freitags um Mitternacht im immer noch gut gefüllten Vortrags-Saal und liess mich aus erster Hand vom Leiter bei der Ausbildung von Bergführern, von Rudolf „Rütchi“ Pollinger , höchst persönlich in die Technik am Berg einführen (Bild). Und er war auch einer der wenigen am Festival BBB, der auf die gestiegenen gesellschaftlichen Ansprüche und auf die Grenzen der Euphorie für die Berge mutig hinwies.

Ich und der Berg. Viele der fünfzig Präsentationen, die da in den vergangenen 5 Tagen im Zeughaus Kultur geboten wurden, legten vor allem den Egotrip offen, den Bergsteiger, Literaten, Sportler und Extremtouristen liebend gerne vor Publikum an den Tag legen. Nur schon die Themen der Veranstaltungen illustrieren diesen Egotrip und wohl auch den Seelen-Striptease, den Alpinisten und Bergbezwinger gerne vor Publikum zelebrieren: „Mental stark am Berg“ (Maya Lalive), „Illegal am Everest“ (Hanspeter Duttle), „Grenzgängerin zwischen den Polen“ (Evelyne Binsack) oder „Mit dem Fahrrad durch die eisige Arktis“ (Ben Page) und andere mögen das Bedürfnis nach Selbstdarstellung und nach Selbstvermarktung des selbst angezettelten Kampfes zwischen Mensch, Natur und Berg illustrieren.

Der Vorhang zu und viele Fragen offen. Als ich am Sonntag kurz vor Torschluss das Zeughaus Kultur verliess, da ist mir das Brecht-Zitat in den Sinn gekommen: „Und so sehen wir betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen“ (leicht abgewandelt aus Der gute Mensch von Sezuan). Nun kann man das durchaus positiv sehen. Wenn ein Multimediafestival neugierig macht, wenn ein Festival die Besucherinnen und Besucher nachhaltig beschäftigt und mit Themen konfrontiert, die einer weiteren Diskussion durchaus würdig wären, dann haben die Veranstalter und Organisatoren sicher sehr viel richtig gemacht.

Keine offizielle Fragestunde. Doch für all jene, die gerne auf Platz und direkt im Anschluss nach der Präsentation, nach der Lesung oder nach dem Auftritt mit dieser oder jener Autorin oder mit diesem oder jenem Darsteller hätten in Kontakt treten wollen, die mussten schon auf einen Glücksfall hoffen. Zum einen erlaubte dies das dichtgedrängte Programm nicht. Zum anderen sind offizielle Fragestunden und Publikumskontakte nicht vorgesehen. Von Medienleuten ganz zu schweigen, die im Trubel und Gedränge nach einer Präsentation die Akteurin oder den Akteur gern zu einem Interview oder zu einem Talk hätten entführen wollen. Einzelne Besucher protestierten in solchen Fällen unmissverständlich – und als Bezahlende wohl auch zu Recht. Die Lösung? Die gibt es bei jeder grossen Sportveranstaltung zu beobachten. Nach dem Sportevent stellen sich Trainer, Verantwortliche und Spieler dem Publikum und den Medien. Ausnahmsweise könnten sich die Kulturschaffenden diesbezüglich auch mal bei den Sportlis schlau machen.

Text und Foto: Kurt Schnidrig