Schweizer Erzählnacht 2019: „Wir haben auch Rechte“

Am kommenden Freitag tauchen wir wieder landesweit ein in die lange Nacht der Geschichten. Die Wiege der Schweizer Erzählnacht ist das Oberwallis.
(Archivbild: Kurt Schnidrig)

Traditionell wird am zweiten Freitag im November die Schweizer Erzählnacht zelebriert und gefeiert. Auch dieses Jahr wieder an fünf Schauplätzen im Oberwallis, der Wiege der Schweizer Erzählnacht. Die Schweizer Erzählnacht gehört zu den grössten Kulturanlässen der Schweiz. 2018 wurden schweizweit rund 689 Veranstaltungen gemeldet. Die Schweizer Erzählnacht ist im Jahr 1990 aus der Oberwalliser Märchennacht hervorgegangen, die im Oberwalliser Kindergärtnerinnenseminar mit Deutschlehrer Kurt Schnidrig ins Leben gerufen wurde, der dann auch als erster nationaler Projektleiter amtete. Seither wird die Erzählnacht vom Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM in Zusammenarbeit mit Bibliomedia und UNICEF Schweiz und Liechtenstein koordiniert.

Mit einem politischen Motto. Die Schweizer Erzählnacht steht jedes Jahr unter einem besonderen Motto, zu dem dann auch Geschichten erzählt, geschrieben und vorgelesen werden. Das Motto der Erzählnacht 2019 ist inspiriert vom 30-jährigen Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention und lautet: „Wir haben auch Rechte! – Nous avons aussi des droits! – Abbiamo anche dei diritti! – Nus avain era dretgs!“ Die UN-Kinderechtskonvention hält in 54 Artikeln das Recht auf Nicht-Diskriminierung, auf Leben, Überleben und Entwicklung, auf Mitwirkung und auf Kindeswohl fest. Am kommenden Freitag, 8. November, geht die Erzählnacht in Schulen, Bibliotheken, Buchhandlungen, Jugendtreffs, Gemeinschaftstreffen und anderen Institutionen über die Bühne. Auch Protagonisten der Kinder- und Jugendliteratur brauchen Schutz, wollen sich entfalten und gleichberechtigt sein. An der Erzählnacht 2019 werden wieder tausende Kinder und Jugendliche in inspirierende Geschichten abtauchen und sich dabei mit ihren eigenen Rechten beschäftigen.

Die Erzählnacht wird landesweit von phantasievollen Erzählgruppen nach dem Konzept „Überall gleich und doch verschieden“ vorbereitet und durchgeführt.
(Archivbild: Kurt Schnidrig)

Auch im Oberwallis, der Wiege der Erzählnacht. Es versteht sich, dass traditionell auch im Oberwallis, der Wiege der Schweizer Erzählnacht, die lange Nacht der Geschichten gefeiert wird. An der Primarschule Bitsch wird während der ganzen Nacht das Lesen gefeiert. Unter der Leitung von Vanessa Walker gibt es wundervolle Geschichten zu hören, es wird viel Spannendes vorgelesen, die Jugendlichen lassen sich von Lesespielen begeistern und sogar ein Lesetheater gelangt zur Aufführung. Im Regionalschulhaus Fiesch haben die Lehrpersonen fünf altersgerechte Ateliers eingerichtet, die von Pädagoginnen und Pädagogen unter der Leitung von Beatrice Lambrigger betreut werden. Im Primarschulhaus Ornavasso Naters und im Schulhaus Ornavasso geht die Erzählnacht zur Thematik Kinderrecht mit Spiel und Spass über die Bühne. Die Schüler und Schülerinnen FMP der OMS St. Ursula Brig haben sich die Erzählnacht bereits seit Jahren als kreatives und phantasievolles Projekt auserkoren. Dieses Jahr gestalten die Absolventinnen der Fachmaturität Pädagogik unter Leitung von Pauline Matter die Erzählnacht in Naters. Im Schulhaus Ornavasso organisiert eine Gruppe der FMP die Erzählnacht zum Buch „Justine und die Kinderrechte“. In der Bibliothek Naters gestaltet Manuela Grichting einen Abend mit Geschichten und Spielen zum Thema „Wir haben auch Rechte“.

Der persönlichen Phantasie und Kreativität sind in der Erzählnacht keine Grenzen gesetzt.
(Archivbild: Kurt Schnidrig)

Das Geheimnis des Erfolgs. Seit ihrer Gründung im Jahr 1990 bei uns im Oberwallis, vertrauen die Organisatoren der Schweizer Erzählnacht auf drei Prinzipien. Erstes Prinzip: Gleiche Nacht. Die Schweizer Erzählnacht findet immer am zweiten Freitag im November statt. Mit dem Übergang vom Spätherbst zum Winter kommen Erzählen und Vorlesen so richtig zum Zug. Und der Freitag ist ideal: Er lädt zum Ausdehnen der Nacht geradezu ein. Das gemeinsame Übernachten am Ort des Lesens wirkt bei Kindern und Jugendlichen häufig nachhaltig im Sinne einer Bindung an den Ort des Lese-Geschehens. Zweites Prinzip: Gleiches Motto. Das Motto ist breit einsetzbar und lässt der Phantasie von Veranstalter*innen viel Raum. Ideen und Anregungen zum Motto des Jahres sind bei den Veranstaltern erhältlich. Drittes Prinzip: Individuelle Gestaltung. Wie die einzelnen Veranstaltungen aussehen, für wen sie bestimmt sind und wo sie stattfinden, ist offen. Zum Vorlesen, Erzählen, Rezitieren und Inszenieren eignet sich jeder Ort, an dem die Erzählgruppen ihr Publikum ins Reich der Phantasie und der Geschichten entführen können. Ihren Ideen sind keine Grenzen gesetzt: Ausgangspunkt können bestehende oder eigens für diesen Anlass produzierte Texte sein, die dann vorgelesen oder szenisch mit verteilten Rollen und musikalischer Untermalung dargeboten werden.

Text und Fotos: Kurt Schnidrig