Heiliges Land: Gewalt und Tod

Leben in Tel Aviv: Ein Israeli mit Kippa auf dem Fahrrad, ein Liebespaar, ein bewaffneter Soldat (von links).
Foto: Kurt Schnidrig

Obiger Schnappschuss gelang mir in der israelischen Stadt Tel Aviv. Das Foto zeigt einen jüdischen Mann mit Kippa auf dem Fahrrad (links), ein offenherziges Liebespaar (in der Mitte) und einen israelischen Soldaten mit dem Gewehr im Anschlag. Das Bild charakterisiert bestens die Stadt Tel Aviv. Obschon sich die Menschen in Tel Aviv nach alltäglicher Normalität sehnen, befindet sich die Stadt in einem permanenten Kriegszustand.

Heiliges Land im Kriegszustand. In diesen vorweihnachtlichen Tagen denken wir an das Heilige Land, wir erinnern uns an die Weihnachtsgeschichte, an die Geburt Jesu. Was aber ist aus dem Heiligen Land geworden? Aus den Medien erfahren wir immer wieder von Gewalt, von Bomben, von Raketen und von Attentaten, die das Heilige Land erschüttern. Nur leider stumpfen die vielen Berichte vom Kriegsschauplatz Nahost ab. Seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 bis heute schrecken die Bilder von Gewalt und Tod die Weltöffentlichkeit auf. Der israelische Schriftsteller Dror Mishani versucht nun, mit einem Thriller dem Kriegsschauplatz Israel, und insbesondere Tel Aviv, ein menschliches Antlitz zu verleihen.

Junge Frauen auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit. Die Angst vor einem Attentäter im Bus (hinten) ist zu gross.
(Foto: Kurt Schnidrig)

Ein Thriller über Gewalt und Tod in Tel Aviv. Der Israeli Dror Mishani hat den kriegerischen Alltag in Tel Aviv in einen spannenden Thriller verpackt. Mit Hilfe einer realistischen Geschichte kann man sich konkret und lebensecht vorstellen, was in dieser Stadt jeden Tag abgeht, und unter welchen Bedingungen die Menschen in der israelischen Grossstadt überleben müssen. Der Titel des Buches heisst „Drei“. Der Plot (die Handlung) des Thrillers hat drei Teile. Jeder dieser drei Teile wird aus der Perspektive einer anderen Frau erzählt. Die drei Protagonistinnen heissen Orna, Emilia und Ella. Alle drei Frauen treffen in einer schwierigen Lebensphase den gleichen verständnisvollen Mann. Der Mann heisst Gil und ist Rechtsanwalt.

Drei Frauen, drei Affären. Als Leser leiden wir mit den drei Frauen mit. Wir verfolgen sie schon fast voyeuristisch auf Schritt und Tritt. Nacheinander verlieben sie sich in den gleichen Mann. Als Erste versucht Orna die Liebe von Gil zu gewinnen. Mit ihm zusammen möchte sie mitten im Kriegsland einen normalen Alltag aufbauen. Das Verhältnis von Orna und Gil zerbricht aber, und ihre Liebe endet tragisch in einem Hotelzimmer in Tel Aviv. Kurz darauf versucht die zweite Frau, Emilia, mit Gil eine Beziehung einzugehen. Als sie dann aber eines Tages einen Zeitungsausschnitt in der Manteltasche von Gil findet, wird ihr blitzartig bewusst, dass Gil, ihr Geliebter, schuld ist am Tod einer Israelin. Aller Illusionen beraubt, erwarten wir als Leser nun auch noch das tragische Ende der dritten Frau von Gil, von Ella. Doch für Ella ist die Gewalt in Israel einfach nur gelebter Alltag. Als sie dann aber erfahren muss, dass Rechtsanwalt Gil selber auch eine dunkle Seite hat, bricht auch für sie eine heile Welt zusammen.

Jüdisches Leben, Liebesleben, Soldatenleben. Mein Foto (oben), das ich in Tel Aviv geschossen habe, gibt dem versteckten Kriegszustand im Heiligen Land ein menschliches Gesicht. Gleichzeitig zeigt es auch das Bedürfnis nach einem lustvollen Alltag nach westlichem Muster. Da ist einerseits das jüdisch-orthodoxe Leben mit Jerusalem als Zentrum, da ist aber auch der Wunsch nach freiheitlichem Leben und Lieben, und da ist immer auch die kriegerische Bedrohung, welche eine schlagkräftige israelische Armee erfordert, die stärkste und beste Armee der Welt.

Text und Fotos: Kurt Schnidrig