Aschermittwoch: Umdenken

Adieu Fasnacht! Umdenken? Die Zeiten haben sich geändert. (Symbolbild: Kurt Schnidrig)

Die Bezeichnung Aschermittwoch rührt vom Brauch her, am Tag nach dem Fastnachtsdienstag im Gottesdienst die Asche der verbrannten Palmzweige des Vorjahres zu weihen und den Gläubigen in Form eines Kreuzes auf das Haupt zu streuen. Dabei gehört der Empfang des Aschenkreuzes zu den sogenannt heilswirksamen Zeichen, den Sakramentalien. Mit dem Aschermittwoch beginnt die vierzigtägige Fastenzeit. Sie soll auf Ostern vorbereiten und gemahnt uns an die 40 Tage, die Jesus Christus fastend und betend in der Wüste verharrte (Mt 4,2). Bereits im Alten Testament ist von der Bestreuung mit Asche als Zeichen der Busse zu lesen: „Als die Nachricht davon den König von Ninive erreichte, stand er von seinem Thron auf, legte seinen Königsmantel ab, hüllte sich in ein Bussgewand und setzte sich in Asche“ (Jona 3,6).

Umdenken und Umkehr. Der Aschermittwoch markiert zugleich das Ende der Fastnacht. Die Bibel stellt den „fleischlich“ gesinnten Menschen dem „geistlich“ gesinnten Menschen gegenüber. Das Bestreuen mit Asche soll den Menschen an seine Vergänglichkeit erinnern und ihn zur Umkehr (griechisch metanoia, wörtlich „Umdenken, Sinnesänderung, Umkehr des Denkens“) ermahnen. In der römisch-katholischen Kirche spricht der Priester dabei die Worte: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“ (Gen 3,19). Aus der Jugendzeit ist vielen von uns auch noch der lateinische Spruch geläufig: „Memento homo, quia pulvis es et in pulverem reverteris“.

Die Zeiten haben sich geändert. Die Rückkehr nach der Fastnacht in die Normalität des Alltags wird heute nicht mehr von allen als erstrebenswert empfunden. „Willst du normal sein oder glücklich?“, fragen uns die vielen Lebensberater*innen in der Ratgeberliteratur. Ein Schuss Verrücktheit scheint heute eine wichtige Zutat zu sein für ein glückliches Leben. Dabei sollte es sich allerdings um sogenannt konstruktive Verrücktheit handeln. Sie ist der Versuch, „Denkautobahnen“ zu verlassen, was in unserer westlichen Gesellschaft – gemäss der modernen Psychotherapie – immer wichtiger zu werden scheint. Die Verrücktheit sei grundsätzlich positiv und eine Quelle für stetigen Wandel, schreibt etwa der Tiroler Psychotherapeut Reinhold Bartl. Insbesondere die Glücksforschung hat erkannt, dass das Beschreiten von ausgetretenen Pfaden nicht froh macht. „Jeder Mensch ist wahnfähig, das Verrückte lebt in uns“, schreibt der Psychiater Achim Hug in seinem neuen Buch. Wir alle seien „Kippfiguren“, diagnostiziert er, man könne alles auch ganz anders sehen.

Eine Portion Wahnsinn. Sicher kennen Sie, liebe Leser*innen, die bewegende Szene aus dem Griechen-Film „Alexis Sorbas“ mit Anthony Quinn. Da sagt Alexis Sorbas zu seinem Chef, dem Schriftsteller Basil: „Verdammt nochmal, Boss, du bist so begabt, nur eines hast du nicht mitgekriegt. Was dir fehlt, Boss, ist Wahnsinn. Denn ein Mann braucht eine Portion Wahnsinn, weil er sonst nicht die Courage hat, auszubrechen, um frei zu sein.“ Was dann kommt, könnte Gegenstand sein eines Therapiekurses für gestresste Zeitgenossen. Dann nämlich lehrt Alexis Sorbas seinen Boss, wie man Sirtaki tanzt.

Ich meine: Auch nach der Fastnacht sollten wir einen Schuss Verrücktheit und Ausgeflipptheit am Leben erhalten. Ein wenig Verrücktheit, eine gesunde Portion Wahnsinn, bringt die Lust und den Spass am Leben zurück.

Text und Foto: Kurt Schnidrig