Lebe deinen Traum!

Wie aus einer Lehrtochter eine grosse Schriftstellerin wird, davon erzählt ein angesagter Roman aus den USA. (Symbolbild: Kurt Schnidrig)

Just in diesen Tagen, da die ganze Welt mit Spannung den Präsidentenwechsel in den USA verfolgt, kommt ein wunderbarer Roman aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu uns. Er zelebriert wieder einmal den amerikanischen Traum in all seinen Facetten: es ist dies die vielzitierte Karriere vom Tellerwäscher zum Millionär. Allerdings handelt es sich bei der Protagonistin in Lily Kings Roman um eine Tellerwäscherin, genau genommen um eine Kellnerin. Sie heisst Casey Peabody und als Leser begleiten wir sie beim Erwachsenwerden und beim Schreiben ihres ersten Romans. (Lily King: „Writers and Lovers“. Roman. Aus dem Englischen von Sabine Roth. C.H.Beck, 320 Seiten)

„Ich schreibe nicht, weil ich glaube, ich hätte etwas zu sagen. Ich schreibe, weil sich ohne das Schreiben alles noch trostloser anfühlt.“

Aus „Writers and Lovers“ von Lily King

Die Protagonistin Casey ist eine ebenso starke wie zerbrechliche junge Frau. Sie ist hin- und hergerissen zwischen den Zwängen der Gesellschaft und den eigenen Träumen von einem anderen Leben. Damit sie ihren Traum leben kann, muss sie zuerst durch ein Tal der Tränen. Als ihre Mutter stirbt und ihr Lebensgefährte sie verlässt, verliert Casey den Boden unter den Füssen. Nachdem sie auch noch ihr teures Studium aufgeben muss, hat sich ein erklecklicher Schuldenberg angehäuft. Casey beginnt als Kellnerin zu arbeiten. In dieser schweren Zeit entdeckt sie das Schreiben. Sechs Jahre lang arbeitet sie an einem Roman. Der Roman wird ihr Fluchtort und ihr Schutzraum. Irgendwann keimt in ihr der Traum, ein Leben als Schriftstellerin zu führen. Um ihren Traum zu leben, muss sich Casey jedoch zwischen zwei Männern entscheiden. Die Wahl macht sich Casey nicht einfach.

„Ich kann mich nicht mit einem Mann treffen, der in drei Jahren nur elfeinhalb Seiten geschrieben hat. So etwas überträgt sich.“

Aus „Writers and Lovers“ von Lily King

Die beiden Männer in Caseys Leben heissen Oscar und Silas. Oscar ist ein erfolgreicher Autor mit zwei Kindern. Silas besucht ausgerechnet bei Oscar einen Schreibworkshop. So erzählt denn Lily King von Caseys Lehrjahren. Dabei ist die Kellnerin und angehende Schriftstellerin hin- und hergerissen zwischen den beiden Männern. Was daraus resultiert ist eine Geschichte über die ganz grossen Gefühle des Lebens: Liebe, Wut, Trauer und nicht zuletzt die Leidenschaft für Literatur. Erotik und Kunst fliessen ineinander. Je nach Blickwinkel und Interessenschwerpunkt liesse sich der Roman auch noch als Entwicklungsroman verorten.

Wie viel Autobiographisches steckt in diesem Roman? Fest steht, dass Lily King aus dem eigenen Erleben heraus eine perfekte Roman-Story zu Papier gebracht hat. Der Roman verfügt auch über eine tiefenpsychologische Komponente. Wenn auch die Story leicht feministisch gefärbt daherkommt, ist sie trotzdem auch eine Roman-Geschichte für all jene Männer, die von Herzen gern wissen möchten, was Frauen denken und was sie fühlen. Vor allem jedoch eignet sich der Roman als Lektüre insbesondere für jene, die einen Traum haben, und die ihren Traum festhalten möchten, und zwar auch dann, wenn Ungemach droht und wenn die Probleme des Alltags übermächtig werden. Ein wirklich grossartiges Buch, das zeigt, das alles irgendwann wieder gut wird.

Hören Sie den Podcast aus der Sendung Literaturwelle zum Roman „Writers and Lovers“. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Corinne Amacker)

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig