Die Flucht aus der Stadt aufs Land

Gärtnern, pflanzen und den eigenen Salat essen: Immer mehr Städter wünschen sich ein beschauliches Leben auf dem Land. (Symbolbild: Kurt Schnidrig)

Die Flucht aus den Städten hinaus aufs Land hat in den vergangenen Monaten der Pandemie noch mehr Auftrieb erhalten. Sicher spielt dabei das Bedürfnis nach mehr Natur eine wichtige Rolle, aber nicht nur. Auch die Freiheit lockt. Sie soll auf dem Land grösser sein als in der Stadt. Die Sozialarbeiterin Katharina Schenk wohnt in der Stadt Bern. Sie thematisiert die Flucht aus der Stadt aufs Land in ihrem Buch mit dem Titel „Salat“.

Die Suche nach einem alternativen Leben treibt viele Stadtmenschen an, aufs Land zu flüchten. Die Städter treten diese Flucht oftmals völlig ahnungslos und naiv an. In den meisten Fällen haben sie keine Ahnung davon, wie hart und wie arbeitsreich das Landleben ist. Dazu kommt: Stadt und Land, das sind zwei komplett verschiedene Welten. In der Stadt fühlen sich viele Menschen eingeschlossen und vernachlässigt in der Menge. In den Städten geht die Individualität verloren, denn das Mitschwimmen im Mainstream ist Pflicht. Auch der eigenen Kreativität sind enge Grenzen gesetzt.

Eine Renaissance der Romantik? Manchen Stadtmenschen erscheinen die ländlichen Gegenden mit den kleinen Dörfchen idyllisch und romantisch. Sie suchen auf dem Land nach einem Flecken Erde, auf dem Freiheit und Selbstverwirklichung noch möglich sind. Hier besitzt jede und jeder ein eigenes kleines Gärtchen vor dem Bauernhaus. Da lässt sich wunderbar und friedlich gärtnern, pflanzen und den eigenen Salat ernten.

Tina Uhlmann vom „SAGE UND SCHREIBE VERLAG“ hat ein feines Gespür für aktuelle Themen. In ihrem Verlag erscheint auch „Salat“, ein Buch, das die Flucht aus der Stadt thematisiert. (Foto: Kurt Schnidrig)

Tina Uhlmann hat das Buch „Salat“ im ihrem Verlag herausgegeben. Damit hat sie der langjährigen Sozialarbeiterin Katharina Schenk eine Möglichkeit eröffnet, ihre langjährige Erfahrung mit versehrten und traumatisierten Stadtmenschen in sinnliche Sprache umzusetzen und in Buchform zu veröffentlichen. Die Autorin Katharina Schenk schreibt über Heldinnen, die Grenzgängerinnen sind auf der Suche nach einem anderen Leben.

„Städter lieben das Land ahnungslos und naiv, unbelastet. Es muss verrückt sein, zwischen zwei Welten hin und her zu wechseln, herrlich frei! Aber gefährlich – wo ist man dann richtig? Er möchte die Welt sehen, nichts sehnlicher wünscht er sich. Und doch hält der Wunsch sich still, ganz tief drinnen, er brennt, aber Aaron bewacht ihn. So sehr wie er weg möchte, genau so sehr will er immer nur hier sein. Hier, auf seiner Erde, sie hegen, pflegen, fruchtbar machen. Er kann doch wirklich nicht fort – nein, das ist so klar. Er bleibt da. Wenn sie nur wiederkommt, Lidia.“

Aus: „Salat“ von Katharina Schenk, Verlag Sage und Schreibe.

Das Buch „Salat“ von Katharina Schenk versammelt Erzählungen von Stadtmenschen, die hin- und hergerissen sind. Aus der Perspektive von Stadtmenschen wirkt das Land zwar anziehend, aber schon bald gehen die Stadtflüchtlinge wieder auf Distanz zum Landleben. Stadt und Land – das sind nun mal gegensätzliche Lebenswelten. Die Autorin, Katharina Schenk, hat den Spagat zwischen dem Leben in der Stadt Bern und dem Leben auf einem Bauernhof inmitten einer ländlichen Umgebung auch selbst ausprobiert. Ihr Fazit: In der Stadt macht das Zusammenleben auf engem Raum vielen Zeitgenossen arg zu schaffen. Das Zusammenleben in der Menschenmenge beschert vielen Städter*innen Stress und mangelnde Anerkennung. Deshalb benötigen Stadtmenschen zuweilen eine Rückzugsmöglichkeit. Hier bieten sich vorab die ländlichen Gebiete an. In idyllischer Umgebung lassen sich die Impulse, die sie in der Stadt bekommen haben, in Ruhe verarbeiten. Und auf dem Land sorgt die Natur zusätzlich noch für neue Impulse.

Stadt oder Land? Wo lebt es sich leichter und besser? Wer sich beides leisten kann, ein Leben sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, der kann sich glücklich schätzen. Zumindest lässt sich dieses Fazit nach der Lektüre des Buches „Salat“ ziehen. In der Stadt ist man bestens versorgt mit Kultur, da pulsiert das Leben. Der Wechsel aufs Land bringt jedoch viel Befreiendes mit sich. Städter*innen, die physisch oder psychisch leiden, kehren oftmals nach einem Aufenthalt auf dem Land geheilt, gestärkt, inspiriert und mit frischen Kräften ausgestattet zurück in die Stadt. So können sich auch schwere Lebensschicksale wieder zum Guten wenden.

Hören Sie den Podcast zum Buch „Salat“. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Anika Ruppen)
Hören Sie den Podcast aus dem Live-Programm von rro. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Joel Bieler)

Text, Fotos und Radiosendung: Kurt Schnidrig