Ein literarischer Aufsteiger mit Beziehungen zum Oberwallis

Thomas Duarte schaffte es mit seinem Erstlings-Roman auf die Shortlist des Schweizer Buchpreises. Hier im rro-Interview mit Kurt Schnidrig. (Foto: rro).

Thomas Duarte schaffte Unglaubliches: Mit seinem Erstlings-Roman gelang ihm der Aufstieg in den Olymp der Schweizer Literatur-Szene. Zusammen mit Martina Clavadetscher, Michael Hugentobler und Veronika Sutter teilt er den mit 40’000 Franken dotierten Schweizer Buchpreis 2021. Im vergangenen Monat August war sein erster Roman im Lenos Verlag erschienen. Bereits im November war dieser auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises gelandet und zählt damit zu den besten fünf Schweizer Büchern.

„Ja, es ging schnell voran mit meiner literarischen Karriere. Ich versuche es zu geniessen. Der Hype wird schnell wieder vorbei sein.“

Thomas Duarte im Gespräch mit Kurt Schnidrig

Was nur wenige wissen: Thomas Duarte hat enge Beziehungen zum Oberwallis. „Meine frühere Frau stammt aus Eggerberg, sie ist die Mutter meines Sohnes“, gesteht er gleich zu Beginn unseres Interviews, „und Radio Rottu Oberwallis kenne ich bestens!“, lacht Thomas Duarte. Aufgewachsen allerdings ist Thomas Duarte in der Nähe von Basel. Er hatte Geschichte und Philosophie studiert und nach Abschluss seiner Studien vorerst als Tram-Chauffeur sein Geld verdient, später dann als kaufmännischer Angestellter und als Sachbearbeiter. Alsdann setzte er seine Studien fort und widmete sich den Kultur- und Literaturwissenschaften. Heute lebt Thomas Duarte in Bern.

Die Absurdität unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen thematisiert er in seinem ausgezeichneten Roman mit dem Titel „Was der Fall ist“. Wovon handelt seine Roman-Story? Der Sachbearbeiter einer Stiftung erscheint nach Mitternacht auf dem Polizeiposten und erzählt, wie sein Leben völlig durcheinander geraten sei. Am Arbeitsplatz verdächtigen ihn seine Kollegen, dass er mit „illegalem Zeug“ zu tun habe. In seiner Buchhaltung sollen Unregelmässigkeiten festgestellt worden sein. Und was dem Fass den Boden ausschlägt: In seinem Büro lässt der ominöse Sachbearbeiter eine Frau illegal arbeiten, und nicht nur das, er stellt dieser Frau sein Büro sogar als Wohnung zur Verfügung.

Thomas Duarte erzählt am Festival „Buch Basel“ seine deftige Roman-Story, hier zusammen mit der Moderatorin Esther Schneider, bis vor kurzem Leiterin der Fachredaktion Literatur beim Schweizer Fernsehen SRF. (Foto: Kurt Schnidrig)

Eine komplexe Geschichte sei das, fasst Thomas Duarte im rro-Interview zusammen. Es sei dies die Geschichte von einem Mann, der eigenmächtig und mit eigener Politik arbeite. Sein Protagonist nehme Gesuche aus aller Welt entgegen, die er dann mitschreibe und zu Geld mache. „Es hat viele gesellschaftskritische Elemente mit dabei“, schmunzelt der Erfolgsautor.

Meine Empfehlung: Thomas Duarte erzählt lebensecht und mit viel Satire, Ironie und Witz aus dem Arbeitsleben. Dabei entlarvt er die Absurdität des kapitalistischen Arbeitsmarktes. Man liest diesen Roman mit viel Gewinn, die Szenen aus dem Arbeitsleben erzeugen ein Déjà-vu der besonderen Art, denn wohl die meisten von uns, die irgendwo administrativ in einem Büro tätig sind, werden sich beim Lesen dieses Buches betroffen und getroffen fühlen.

Thomas Duarte liest aus seinem Buch „Was der Fall ist“. Bereits das Manuskript dazu wurde 2020 mit dem Studer/Ganz-Preis für das beste unveröffentlichte Debüt ausgezeichnet. Nach dem Erscheinen im Lenos Verlag schaffte es der Roman unter die vier besten Schweizer Bücher 2021. (Foto: Kurt Schnidrig)
Hören Sie einen Ausschnitt aus dem Interview mit Thomas Duarte. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig)
Hören Sie den Podcast aus dem Live-Programm von rro mit einer Rezension zu Thomas Duartes Roman. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Simon Kalbermatten)

Text, Fotos und Radiosendung: Kurt Schnidrig