Internationaler Frauentag am 8. März

Die Buchhandlungen feiern den Int. Frauentag am 8. März, auch bei Orell-Füssli stehen die Frauen im Fokus. (Foto: Kurt Schnidrig)

Seit 111 Jahren bereits ist den Frauen am 8. März in vielen Ländern ein besonderer Tag gewidmet. Auch unser Land feiert mit. Insbesondere sind es die Buchhandlungen, die mit einem facettenreichen Programm mit literarischen und musikalischen Höhepunkten aufwarten. Die Orell-Füssli-Filialen stellen vom 5. bis zum 12. März die Frauen in den Fokus. In der ZAP*-Filiale Brig tritt am kommenden Dienstag die Walliser Autorin Yasmine Keles vors Publikum und erzählt ihre eigene Befreiungsgeschichte, die sie im Buch „Und dann wurde ich endlich jung“ festgehalten hat.

Yasmine Keles ist 1977 im Wallis geboren. Sie lebt jetzt in Bern, ist studierte Religionswissenschaftlerin und Bibliothekarin. Wer ihre Lebensgeschichte verstehen will, der muss weit zurückblättern, bis in die 1960er-Jahre. Damals war ein junges Ehepaar ins Wallis gezogen mit dem seltsam anmutenden Ziel, hier bei uns zu missionieren. Das Ehepaar zeugte im Wallis drei Kinder und liess diese in der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas aufwachsen. Yasmine ist die zweitälteste Tochter der Familie. Während ihrer Kindheit war ihr die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas ein Hort der Geborgenheit. Yasmine spürte die Zuwendung der Gemeinschaft und sie akzeptierte und befolgte die festen Regeln der Zeugen Jehovas.

Der Ablösungsprozess während des Erwachsenwerdens liest sich wie eine veritable Coming-of-Age-Story. Was Yasmine als Kind noch Sicherheit geboten hatte, das erwies sich später auf dem Weg zur Erwachsenen als problematisch. Das christlich-fundamentalistische Getue der Zeugen Jehovas liessen Zweifel in ihr aufkommen, und mehr noch: Yasmine begann sich aufzulehnen und zu wehren gegen den Zwang und gegen die Fremdbestimmung, die von der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas ausgingen. Die junge Frau hinterfragte ihr bisheriges Leben. Sie mutierte zu einer Sucherin, zu einer Sucherin insbesondere nach Wahrheit. Im Verlaufe dieser Suche hat sie sich immer mehr von der Gemeinschaft entfernt. Ihre Situation und ihr bisheriger Lebensmittelpunkt in der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas gestaltete sich je länger je schwieriger. Aber aussteigen? Aussteigen aus der sicheren Gemeinschaft, die ihr während der Kinderjahre ein Hort und eine Zuflucht war? Sollte sie nun den Bruch wagen mit all dem, was ihr bis anhin als wichtig, richtig und bedeutsam erschien? Sollte sie den Ausstieg wagen aus einer Gemeinschaft und aus einer Grossfamilie, die für sie die Zeugen Jehovas, trotz all der Zweifel, nun mal auch waren?

Yasmine Keles: Und dann wurde ich endlich jung. Zytglogge 2021, 312 Seiten, um CHF 34.-

Eine Coming-of-Age-Story, verfasst von einer jungen Frau, die eine Entscheidung treffen muss, welche ihr weiteres Leben bestimmen wird. Yasmine Keles erzählt äusserst authentisch, lebensecht und für ihre Leserinnen und Leser nachvollziehbar. Die Autorin vermittelt uns überdies eine Befreiungsgeschichte, die exemplarisch steht für die Befreiung von Fesseln einer falsch verstandenen kindlichen Geborgenheit, die es im Verlaufe des Erwachsenwerdens abzustreifen und zu sprengen gilt. Erstaunlich: Die Autorin versieht ihre zweifellos schmerzhafte Coming-of-Age-Story sogar mit einer Prise Witz und mit hintergründigem Humor.

Hören Sie den Podcast aus der Sendung Literaturwälla zu Yasmine Keles und ihrem Buch. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Tiziana Imoberdorf / Petra Imsand)

Text, Fotos und Radiosendung: Kurt Schnidrig