Literaturfestival Leukerbad: Kommen jetzt die arabischen Autorinnen und Autoren?

Hans Ruprecht (Programmleitung) und Anna Kulp (Festivalleitung) planen bereits das Int. Literaturfestival Leukerbad 2023. (Foto: Kurt Schnidrig)

Das 26. Int. Literaturfestival Leukerbad gehört der Vergangenheit an. Mit Programmleiter Hans Ruprecht habe ich mich über die aktuelle Situation des Festivals und über seine Visionen für das kommende 27. Int. Literaturfestival unterhalten. Es wird vom 23. bis zum 25. Juni 2023 über die Bühne gehen, wieder mit neuen Geschichten und mit spannenden Themen zum Literaturbetrieb. Auch wieder im Bergrund von Daubenhorn, Gemmipass, Majing- und Torrenthorn und auf den hochgelegenen Bergsommerwiesen. Das Interview mit Hans Ruprecht können Sie untenstehend im Originalton anhören.

Das Besondere sei gewesen, dass das Literaturfestival nach der unsäglichen Corona-Zeit überhaupt wieder habe stattfinden können, sagte der sichtlich erleichterte Programmleiter Hans Ruprecht. Er sei sehr glücklich, dass kein Rückgang irgendwelcher Art habe verzeichnet werden müssen. Und das Wichtigste: Spannende Autorinnen und Autoren hätten wieder live erlebt werden können.

Eine tragfähige Basis für das Festival habe wieder gefunden werden können, freute sich Hans Ruprecht. „Die politische Ungewissheit, wie man mit der Pandemie umgehen sollte, hat uns komplett gelähmt“, gestand er. Trotzdem habe die Festival-Leitung die finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Autorinnen und Autoren vollumfänglich erfüllen können. „Jetzt sind wir wieder voll im Rhythmus, und ich bin schon wieder am Vorbereiten für nächstes Jahr“, sagte Hans Ruprecht.

Werden die Festival-Zelte bleiben? Eigentlich war die Idee, Teile des Festivals in grossen Zelten abzuhalten, aus der Not der Pandemie heraus geboren worden. Mittlerweile hat sich das James-Baldwin-Zelt und das Zelt auf dem Dorfplatz, insbesondere für Auftritte angesagter Autorinnen und Autoren, die viel Publikum anlocken, bestens bewährt. Ermöglicht wurde der Aufbau der Zelte aber vor allem durch die Corona-Zuschüsse. „Was die Zelte anbetrifft, müssen wir noch abklären, ob wir sie beibehalten können“, sagte Hans Ruprecht, „denn trotz allem sind wir finanziell nicht auf Rosen gebettet und müssen jedes Jahr bei Null anfangen.“

Mischen nun die arabischen Autor*innen das Festival auf? „Die 27. Ausgabe vom 23. bis zum 25. Juni 2023 kommt sicher“, freut sich Hans Ruprecht. Und er verrät: „Ich war inzwischen in Abu Dabi, auf der arabischen Buchmesse. Dort führte ich auch Gespräche mit dem dortigen Kulturminister. Die Kultur-Verantwortlichen im arabischen Raum möchten vermehrt arabische Autorinnen und Autoren fördern.“ Doch Hans Ruprecht stellt klar: „Ich habe darauf bestanden, dass ich bestimme, wer an unser Festival kommen kann. Wir wollen selbständig bleiben.“ Natürlich würden aber die Schreibenden aus dem arabischen Raum dem Internationalen Literaturfestival gut anstehen und für eine Ausweitung sorgen. „Ich finde es wichtig, dass wir die Kontakte zum arabischen Raum ausbauen und pflegen“, sagt Hans Ruprecht. Und schmunzelnd fügt er an: „Sie wollen die Reisekosten und die Honorare selbst übernehmen.“

Was dürften wir von den arabischen Autorinnen und Autoren erwarten? Fest steht: Die arabische Literatur umfasst das gesamte religiöse, profane, schöngeistige und gelehrte Schrifttum der Araber in Poesie und Prosa. Da lockt zweifellos ein gewaltiger Fundus an Geschichten! Die Geschichten aus dem arabischen Raum werden seit Ende des 8. Jahrhunderts nach Christus aufgezeichnet. Romane und Märchen aus dem Orient öffnen uns Tür und Tor zur Kultur der arabischen Länder. Persönlich orte ich hier einen grossen Nachholbedarf. Ob all der schrecklichen Nachrichten aus arabischen Ländern, die vor allem von Bürgerkrieg und von Terror berichten, gerät nämlich die reiche Kultur des arabischen und persischen Sprachraums völlig aus dem Blickfeld.

Ein reicher Schatz zauberhafter Geschichten lockt! In einer äusserst lebendigen Erzähltradition ist ein wundervoller Fundus von Geschichten aus dem arabischen Raum überliefert. Romane arabischer Autorinnen und Autoren stehen auf der Wunschliste des Internationalen Festivals, aber auch Bücher, die vom Leben in den arabischen Ländern berichten. Die besten orientalischen Bücher werden in arabischen Ländern wie Iran, Irak, Afghanistan, Syrien, Saudi-Arabien und Pakistan geschrieben. Aber auch Ägypten, Libanon und die Türkei haben eine profunde literarische Tradition.

Vorarbeit geleistet haben im deutschsprachigen Raum bereits Autoren im deutschen Exil. Einer davon ist Rafik Schami, wohl der erfolgreichste deutsche Gegenwartsautor arabischer Abstammung. Rafik Schami wuchs in Damaskus auf und lebt seit 1971 im deutschen Exil. In seinen Büchern reichert er die arabische Erzähltradition an mit Humor und Poesie. Ein Beispiel? „Sophia oder Der Anfang aller Geschichten“ erzählt von zwei Liebenden, die trotz unterschiedlicher Lebenswege füreinander da sind. Auch der deutsch-irakische Schriftsteller Sherko Fatah ist ganz besonders lesenswert. Sein Lebenswerk dreht sich um die blutigen Auseinandersetzungen im kurdischen Grenzgebiet. Der neuste Roman von Sherko Fatah heisst „Der letzte Ort“ und erzählt vom Archäologen Albert, der zusammen mit seinem Übersetzer Osama im Irak entführt wird. Und ja, mir Nagib Machfus hat die arabische Literaturgeschichte auch einen Literaturnobelpreisträger vorzuweisen! Nagib Machfus stammt aus Ägypten. Mit seinem Roman „Die Reise des Ibn Fattuma“ schickt er die Leserinnen und Leser auf eine märchenhafte Reise zwischen Orient und Okzident.

Rosige Perspektiven also für das Int. Literaturfestival Leukerbad! Dank Hans Ruprechts weltweiter Vernetzung und seiner vielfältigen Beziehungen dürfen wir uns auf weitere spannende Ausgaben des Literaturfestivals freuen. Nicht zuletzt profitiert das Festival in Leukerbad davon, dass auch die organisatorischen Fäden des Literaturfestivals Berlin in den Händen von Hans Ruprecht zusammenlaufen.

Hören Sie das Interview mit Hans Ruprecht, Programmleiter des Int. Literaturfestivals Leukerbad. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig)

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig