Für ein Leben in Frieden und Freiheit: Ein Ukrainer erhält den Friedenspreis 2022

Der ukrainische Schriftsteller Serhji Zhadan schreibt darüber, wie Menschen ein Leben in Frieden führen können. (Bild: Kurt Schnidrig)

Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2022 geht an den ukrainischen Schriftsteller, Dichter und Übersetzer Serhji Zhadan. Er gehört zu den wichtigsten Stimmen der ukrainischen Gegenwartsliteratur. Geboren ist Zhadan im Gebiet Luhansk. In Charkiw hat er Literaturwissenschaft studiert. Während seines Studiums legte er einen besonderen Schwerpunkt auf die Germanistik. Promoviert hat Zhadan mit einer Arbeit zum ukrainischen Futurismus.

Serhji Zhadan veröffentlicht Romane, Gedichte, Erzählungen und Essays. Seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine leistet er auch humanitäre Hilfe. In seinen literarischen Werken setzt sich Serhji Zhadan intensiv mit der Umbruch-Zeit in der Ukraine auseinander. Er übersetzt zudem Lyrik aus dem Deutschen und schreibt Songtexte für verschiedene Rockbands. Selber ist er Sänger der ukrainischen Band „Sobaki kosmosi“, zu deutsch „Hunde im Weltraum“.

Das ostukrainische Kriegsgebiet lässt uns Sergji Zhadan in seinen Werken ganz anders erleben als wir es aus den täglichen Nachrichten kennen. Er zeigt, wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein unabhängiges Leben in Frieden und Freiheit zu führen.

Seine Texte erzählen, wie Krieg und Zerstörung in diese Welt einziehen und die Menschen erschüttern. Dabei findet der Schriftsteller eine eigene Sprache, die uns eindringlich und differenziert vor Augen führt, was viele lange nicht sehen wollten.

Auszug aus der Begründung der Jury

Nachdenklich und zuhörend, in poetischem und radikalem Ton, erkundet Sergji Zhadan, wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein Stück Normalität inmitten von kriegerischer Gewalt aufrechtzuerhalten.

„Die Erfindung des Jazz im Donbass“ – dies der Titel, den einer seiner Romane trägt. Darin verwandelt Zhadan das Industrierevier Donbass in eine fantastische Landschaft. Protagonistin ist die geheimnisvolle Anarchistin und Jazzkomponistin Gloria Adams.

Im Roman „Internat“ erzählt Zhadan eindrücklich vom Krieg im Donbass. Ein Lehrer reist durchs Kriegsgebiet und gerät dabei zwischen die Fronten. Immer wieder wird er mit der Frage konfrontiert: Kann man in einem Krieg überhaupt neutral bleiben? Der Autor erzählt von trotzigen Menschen. Sie setzen der Angst und der Zerstörung ihr Selbstbewusstsein und ihr Verantwortungs-Gefühl entgegen.

Warum ich nicht im Netz bin“ – auch dies ein Roman des Friedenspreis-Trägers 2022. Darin erzählt Serhji Zhadan, was sich auf seinen Reisen durch das ostukrainische Kriegsgebiet so alles ereignet hat. Das Buch vereinigt lyrische Momentaufnahmen und Kürzestgeschichten über Menschen, die unversehens an zwei verfeindeten Fronten kämpfen, und die nicht mehr wissen, wo sie eigentlich hingehören. „Schlimm ist es zu sehen, wie Geschichte entsteht“, schreibt der Autor.

Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels wird anlässlich der Frankfurter Buchmesse im Oktober in der Frankfurter Paulskirche feierlich übergeben.

Hören Sie den Podcast aus der Sendung Literaturwelle zum Friedenspreis 2022. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Petra Imsand / Joel Bieler)

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig