Dankeschön für die Blumen!

War das ein wundervoller Start zu meiner Lesetour! Der gefilmte Live Talk mit Moderatorin Maya Burgener im „La Fleur“ in Ried-Brig begeisterte vor einer herzerwärmend mitgehenden Zuhörerschaft und vor blumig-romantischer Dorfkulisse.  Am Brigerberg, dort wo einige dramatische Szenen des Romans spielen, bot sich auch eine hervorragende Gelegenheit, die politisch-gesellschaftliche Dimension des Romans „Vergiss nicht die Blumen in deinem Haar“ in einer fachkundigen Talkrunde aufzuarbeiten.

Der Flower-Power-Roman mit einem Ich-Erzähler wirft Fragen auf. Moderatorin Maya Burgener erwies sich als gewiefte und literarisch wie politisch bestens beschlagene Talkerin. Wie viel Autobiographisches ist dabei? Was ist von der 68er-Bewegung bis heute geblieben? Waren Werte wie die „Freie Liebe“ bloss eine Affiche oder steckte mehr dahinter? Protagonistin im Roman ist Dana, ein Hippie-Girl. Die literarische Technik der Rückblende erlaubt es, Dana in verschiedenen Zeiten zu erleben. Heute lebt sie als Tänzerin und Schauspielerin auf Ibiza. Sie kommt als Schauspielerin ins Wallis und hätte einen Part im Melodram „Out of Africa“ geben sollen. Aus touristisch naheliegenden Gründen drängt sich eine Neuverfilmung im Naturreservat am Simplon auf. Doch Dana wird Zeugin, wie ein afrikanischer Lkw-Fahrer am Simplon verunglückt. Wie damals in der 68er-Revolution stellt sich für sie die Frage, wie sich in der Provinz verwirklichen lässt, was damals im Weltgeschehen geboren wurde. Dana suchte als junge Frau nach Inspiration auf dem Hippie-Trail von London nach Goa. Zwar haben sich die Zeiten geändert. Die Grundbedürfnisse der Völker sind aber gleich geblieben. Ein Leben in Freiheit und Sicherheit gehört dazu. Das klägliche Versagen der Politik am Simplon steht exemplarisch für die Flucht ins Administrative und Belanglose, während die „Long hanging fruits“, die lebenswichtigen Probleme, auf die lange Bank geschoben werden.

Bräuchte es nicht auch heute wieder eine phantasievollere Politik? Darüber diskutierten in einem zweiten Teil spannende Gäste unter der Leitung von Maya Burgener. Die bürgerliche Politikerin und Stadträtin Lucia Näfen und der Werber und Kommunikationsspezialist Erich Heynen sorgten für eine sehr aufschlussreiche, aber durchaus auch witzige und clevere Gesprächsrunde. Bräuchte es nicht auch wieder diese blumig-phantasievolle Politik, die damals den Vietnam-Krieg stoppte, die der Erziehung und der Gesellschaft neue Wege wies? Eine Politik, die Unmögliches möglich macht? Eine Politik, die mit bürgernahen Happenings und Aktionen antritt gegen eine verkrustete Wirtschafts-Lobby und gegen ein politisches Establishment, das Rentabilität und Gewinn höher einschätzt als Werte wie Freiheit und Sicherheit? Lucia Näfen ebenso wie Erich Heynen warteten mit grossartigen Statements auf. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Film, den wir zu gegebener Zeit ankündigen werden.

Vergiss nicht die Blumen in deinem Haar. Wie wünschte ich mir diese phantasievolle Zeit zurück! Wie wünschte ich mir dieses Engagement zurück, das die Jugend der Welt vor 50 Jahren bewegte. Wir alle fühlten uns als Teil einer einzigen Welt. In Zürich genauso wie in San Francisco. Mit Happenings, mit politischen Aktionen und mit unvergesslichen Songs setzten junge Menschen auf der ganzen Welt der brachialen Gewalt und Machtpolitik der Kriegs- und Nachkriegszeit ein Ende. Und die Jugend der Welt hoffte auf eine blumige und bewegte Zukunft. Auf dass auch Unmögliches möglich werde. Und sie standen zusammen, mit Liebe im Herzen und mit Blumen in den Haaren.

Be Sure to Wear Flowers in Your Hair. Mit Blumen und Speis und Trank verwöhnte Rosmarie Glaisen vom „La Fleur“ das Brigerberger Publikum und Marion Schnidrig griff zur Gitarre und entführte uns alle mit Flower-Power-Songs in Zeiten, die hoffentlich nie verblühen werden: All across the nation / Such a strange vibration / People in motion / There’s a whole generation / With a new explanation / People in motion / People in motion / All those who come to San Francisco / Be sure to wear some flowers in your hair / If you come to San Francisco / Summertime will be a love-in there. (Aus: San Francisco von Scott McKenzie).

Text: Kurt Schnidrig. Fotos: Steffi