„Dann bleiben wir eben zu Hause!“

In diesem Sommer sind Ferien im eigenen Land angesagt. Ein Ansturm auf Berge und Seen ist die Folge. (Foto: Kurt Schnidrig)

Wohl fast alle Schweizerinnen und Schweizer verbringen ihre Sommerferien dieses Jahr in heimischen Gefilden. Auf den Bergen und an unseren Seen wird es eng. Einige sprechen bereits von einem „Dichtestress“ an beliebten Hotspots. Menschenmassen und besetzte Parkplätze sind aber kein Problem für die Buchautorin Renate Bergmann. Sie wartet mit unzähligen Ideen für die Ferien zu Hause auf. Ihr Motto und gleichzeitig auch ihr Buchtitel lautet mutig und trotzig zugleich: „Dann bleiben wir eben zu Hause!“

Was waren das für verrückte Zeiten in diesem ersten Halbjahr 2020! Man konnte nirgendwo hingehen, ältere Leute wurden kurzerhand als „Risikogruppe“ ausgegrenzt und alle hatten gefälligst zu Hause zu bleiben. Nichts wurde aus den geplanten Kultur-Events, nichts mit den herbeigesehnten Auslandaufenthalten, und mit zwei Metern Abstand hatte man sich nicht einmal wirklich toll unterhalten können. Doch wer nun auf lebenslustige Sommertage und auf romantische Sommernächte hoffte, der sieht sich enttäuscht. Abhängen und Ausspannen im eigenen Land ist schon fast Pflicht. Auf unseren Bergen und an unseren Seen wird es eng. Und inmitten dieses Dichtestresses veröffentlicht eine mutige Frau ein Büchlein, das insbesondere in unserem nördlichen Nachbarland schon Kult-Status erreicht hat. „Dann bleiben wir eben zu Hause“, titelt Renate Bergmann.

„Aber mal ehrlich, man hat zu Hause doch immer was zu tun und man kann es sich ja schön machen. Früher nach dem Krieg mussten wir ja auch erfinderisch sein, und damals hatten wir noch kein Skeip für die Seniorengymnastik…“

Renate Bergmann

Wer so schreibt? Sie heisst Renate Bergmann, lebt in Berlin-Spandau, ist 82-jährig. Sie hatte als sogenannte „Trümmerfrau“ den Zweiten Weltkrieg überlebt, sie hat sich aus Trümmern und aus bitterster Armut nach dem Krieg eine neue Existenz aufgebaut. Gearbeitet hatte Renate Bergmann noch bei der damaligen Deutschen Reichsbahn. Sie habe vier Ehemänner überlebt, schreibt die Bergmann. Und was solle da jetzt dieses fiese „Conora-Virus“ (sic!) einer Frau wie Frau Bergmann schon anhaben? Wer so viel erlebt hat wie Renate Bergmann, der sagt einfach nur noch: „Dann bleiben wir eben zu Hause!“

Eine kultige Online-Omi ist Renate Bergmann in Deutschland. Sie erzählt in einem offenen und direkten Stil, wie sie ihren Alltag gestaltet und was wichtig ist. Sie gibt hilfreiche Tipps zur Vorratshaltung und sie verrät leckere Rezepte, wie sich aus gehorteten Waren leckere und tolle Produkte zu Hause selber herstellen lassen. Lustig liest sich, wie sie auch noch als ältere Person das „Onlein“ und das „Interweb“ nutzt, um mit ihren Lieben in Kontakt zu bleiben. Und ja, solange man mit „Skeip“ sogar noch „fernsehtelefonieren“ könne, sei doch alles nur halb so schlimm. Und über „Skeip“ finde ja auch immer noch das Rentnerturnen statt und die Chorprobe vom Gesangverein.

„Wir müssen alle vernünftig sein und Einschränkungen hinnehmen, denn nur so geht es. Und wenn wir dabei, auch wenn wir auf Abstand bleiben müssen, doch zusammenhalten, dann kriegen wir das auch hin.“

Renate Bergmann

Sogar auch psychologische Themen kommen zur Sprache, nicht einfach nur Naheliegendes. Der Zusammenhalt der Familienmitglieder während der Krise geht für die Bergmann über alles. Sie weiss auch, wie man sich ablenken muss, damit keine Depressionen aufkommen. Sogar die manchmal mehr als diskutable Politik und die gesellschaftlichen Eskapaden lässt die Autorin nicht aussen vor, nein, wer sie hören will, dem verkündet die mutige Seniorin unverblümt ihre Meinung.

Renate Bergmanns Büchlein mit 80 Seiten ist ein Renner auf dem Büchermarkt. Lebenserfahren, charmant und humorvoll beschreibt die Autorin, wie sich die aktuelle Krise mit all ihren Einschränkungen und Verboten trotzdem heil und mit einem Augenzwinkern überstehen lässt.

Hören Sie den Buchtipp zu „Dann bleiben wir eben zu Hause!“ (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Daniel Theler)

Text, Foto und Radiosendung: Kurt Schnidrig