Literaturfestival Leukerbad unter neuer Leitung: Ein Rückblick mit Hans Ruprecht

Hans Ruprecht übergibt die Gesamtleitung des Literaturfestivals an Anna Kulp. (Foto: Kurt Schnidrig)

Hans Ruprecht, bisheriger Festival-Leiter, teilt am heutigen Feiertag, 8. Dezember, mit, dass er sich von der Gesamtleitung des Literaturfestivals Leukerbad zurückzieht. Hans Ruprecht bekleidet aber weiterhin den Posten eines „Kurators“, während seine langjährige Team-Kollegin Anna Kulp die Gesamtleitung des Festivals übernimmt. Die Strukturveränderung sei schon länger geplant gewesen und werde den heutigen Anforderungen an ein internationales Festival gerecht, ergänzen die Verantwortlichen. Anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums habe ich mit Hans Ruprecht ein ausführliches Gespräch geführt, das Sie, liebe Leser*innen und Hörer*innen, ungeschnitten und im Originalton am Ende dieses Beitrags anhören können.

In einem persönlichen Gespräch blickt Hans Ruprecht zurück auf seine Zeit als Gesamtleiter des Festivals. Übernommen hatte Hans Ruprecht das Literaturfestival Leukerbad von dessen Gründer, Ricco Bilger. Zuvor habe er lediglich Musikveranstaltungen im zeitgenössischen Bereich organisiert, erläutert Hans Ruprecht.

„Ich war damals ins kalte Wasser gestossen worden. Alles war neu. Ich musste praktisch aus dem Nichts ein Team formen. Ein Jahr später stiess Anna Kulp dazu. Mit ihr habe ich bis heute eine sehr gute Teamarbeit gepflegt.“

Hans Ruprecht im Gespräch mit Kurt Schnidrig

Die Verdienste von Hans Ruprecht für die touristische und kulturelle Entwicklung von Leukerbad sind gross. „Bei vielen Autorinnen und Autoren ist Leukerbad auch in ihre Bücher eingeflossen“, weiss Hans Ruprecht. Als einen ganz besonderen Höhepunkt in der 25-jährigen Geschichte des Literaturfestivals bezeichnet er den Auftritt von Salman Rushdie. Viele Medien seien damals eigens wegen Salman Rushdie angereist, blickt Hans Ruprecht zurück. Sogar der „Blick“ habe sich hinauf nach Leukerbad bemüht, schmunzelt er. Salman Rushdie habe sich dann genervt, dass die Journalisten seine Bücher nicht gelesen hätten. Noch heute erzählt Hans Ruprecht kopfschüttelnd, dass damals nicht einmal ein Sicherheits-Dispositiv für Salman Rushdie ausgearbeitet worden sei. Dabei hatte Ayatollah Khomeini das Todesurteil über Salman Rushdie gefällt und den Kopfjägern winkte eine Belohnung von mehreren Millionen Franken.

Knapp am Ruin vorbei schrammte das Festival zum 25-Jahr-Jubiläum im vergangenen Juli. Aufgrund der Massnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie hatte der Bundesrat erst im Mai grünes Licht erteilt für die Durchführung.

„Bei einem negativen Entscheid des Bundesrats hätte dies den Ruin des Literaturfestivals Leukerbad bedeutet“

Hans Ruprecht im Gespräch mit Kurt Schnidrig

Die kulturelle und literarische Nahrung habe während der Pandemie gefehlt, gibt sich Ruprecht überzeugt. Rückblickend betrachtet, sei dies eine glückliche Fügung und wohl auch die Rettung des internationalen Festivals gewesen, glaubt er. „Wir hatten so viele Voranmeldungen wie seit Jahren nicht mehr“, strahlt ein überglücklicher Hans Ruprecht. Zudem sorgten die Neuerungen für einen zusätzlichen Aufmarsch eines begeisterten Publikums. Das James-Baldwin-Zelt und das Zelt auf dem Dorfplatz sorgten für Open-Air-Stimmung und boten dank der guten Durchlüftung auch noch Sicherheit in virenverseuchten Zeiten. Ob die Zelte auch künftig dem Literaturfestival erhalten bleiben? Die Beherbergung des Festivals in Zelten sei eine gute Idee, aber schlage finanziell wohl allzu stark zu Buche, meint Hans Ruprecht auf diese meine Frage.

Jedes Jahr bei Null anfangen, dies wohl ist das grosse Handicap, dem sich das Literaturfestival Leukerbad immer wieder von Neuem stellen muss. Es gebe keine fixen Subventionsgelder im Kanton Wallis, bedauert Hans Ruprecht. „Und wenn man einen kleinen Überschuss erarbeitet, dann werden die Unterstützungsgelder seitens des Kantons zusammengestrichen.“

Anna Kulp, die nun die Gesamtleitung des Literaturfestivals übernimmt, erhofft sich für das Festival „einen sehr guten Weg in die Zukunft“. (Foto: Kurt Schnidrig)

Ein Blick in die Zukunft? Hans Ruprecht bleibt dem Literaturfestival als „Kurator“ erhalten. Seine Stärken in all den Jahren waren seine Hartnäckigkeit und seine vielen persönlichen Kontakte. Ob er denn noch einen besonderen (literarischen) Wunsch habe, wollte ich abschliessend von ihm wissen. „Zadie Smith!“, antwortet mir Hans Ruprecht ohne zu zögern. Zadie Smith, die britische Schriftstellerin und Hochschuldozentin an der Harvard University und an der Columbia University, würde dem internationalen Literaturfestival die Krone aufsetzen. Ob Hans Ruprecht auch in der Rolle eines Kurators seine ehrgeizigen Ziele erreichen wird? Die grossartige und langjährige Zusammenarbeit mit Kollegin Anna Kulp, der neuen Leiterin, spricht dafür. Dafür spricht aber auch Hans Ruprechts Erfahrung auf internationaler Ebene. Nebst dem Literaturfestival Leukerbad mischt er auch noch erfolgreich mit beim Literaturfestival von Berlin.

Ein Rückblick und ein Ausblick: Hören Sie das Gespräch mit Hans Ruprecht, das ich anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums geführt habe. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig)

Text und Interview: Kurt Schnidrig