Literaturtipps aus dem Oberwallis

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In der Geschichte „Nach oben“ von Marianne Künzle geht es um mehr als nur um eine Umwelt-Geschichte. (Copyright Foto: Kurt Schnidrig)

Die ehemalige Greenpeace-Mitarbeiterin Marianne Künzle verpackt ihre Umwelt-Anliegen in Geschichten und Erzählungen. Soeben erschienen ist der Band „Nach oben“ im Verlag Nagel & Kimche (vgl. dazu auch den Blog-Beitrag vom 25. März 2022). Die Autorin legt damit eine Erzählung vor, die das Denken von heute den Idealen der 1950er-Jahre gegenüberstellt. Annina ist eine Heutige, sie arbeitet auf einer Redaktion, leidet unter dem Arbeitsstress als Journalistin und fiebert dem kommenden Interview entgegen. Ihre Kollegin kann sie krankheitshalber auf der geplanten Tour hinauf in die Berge und zum Gletscher nicht begleiten. Annina bleibt nichts anderes übrig, als sich allein auf die Gletschertour zu begeben. Genau die gleiche Gletschertour hat vor Jahrzehnten auch schon einmal eine Frau absolviert, sie hiess Irma. Als Frau führte Irma damals ein noch wenig selbst bestimmtes Leben, vielmehr war es ihr Ehemann namens Herbi, der sie anleitete und dem sie sich fremdbestimmt unterzuordnen versuchte. Das gelang ihr nicht immer. Irma fühlte sich hin- und hergerissen zwischen dem neuzeitlichen Frauenbild und dem traditionellen Rollenverhalten. So erzählen denn in „Da oben“ zwei unterschiedliche Frauen auf ihrer zeitverschobenen Reise aus ihrer je eigenen Perspektive.
Die Autorin plädiert für mehr Achtsamkeit gegenüber der Berg- und Gletscherwelt. (Copyright Foto: Kurt Schnidrig)

Ein Plädoyer für mehr Achtsamkeit der Natur gegenüber. Doch es geht in „Da oben“ um mehr. In stimmigen Bildern und Metaphern bekommen wir Lesende die Innensicht der Protagonistinnen mit, wir erfahren, was eine Frau damals bewegt hat, und was eine Frau heute bewegt und beschäftigt. Die Natur, die Berg- und Gletscherwelt, das sind die verbindenden Themen. Hintergründig scheinen auch aktuelle Umwelt-Probleme durch wie die Gletscherschmelze, die Klima-Erwärmung oder die Bedrohung durch Umwelt-Gefahren. Bedroht fühlt sich allerdings auch die moderne Frau unserer Tage, Annina, denn sie flüchtet, sie ist eine Getriebene, sie zieht sich zurück in ein „Verlorenes Tal“. Annina ist eine Gehetzte, eine, die schlussendlich eine tote Frau findet, vor der Leiche jedoch davonrennt, schliesslich aber doch wieder zurückkehrt und ihre soziale Rolle in der Gesellschaft wahrnimmt.

„Le Cahier“, so heisst das Publikations-Organ des Walliser Schriftsteller-Verbands. Einen Verlag suchen und dessen Auflagen erfüllen – das ist nicht immer einfach. Das „Cahier“ des Walliser Schriftsteller-Verbands ist deshalb eine alternative Möglichkeit, kurze Texte zu veröffentlichen.

„Le Cahier“: Eine Publikationsmöglichkeit für kurze Texte.

Nachdem verschiedene kritische Stimmen aus dem Oberwallis laut wurden (vgl. beispielsweise Jolanda Brigger-Ruppen im Blog-Beitrag vom 15.11.2021), bemüht sich der Walliser Schriftsteller-Verband in diesem Frühjahr auch ganz explizit um Oberwalliser Schreibende. Erfreulicherweise gibt der Verband nun Kriterien vor für alle, die im „Cahier“ veröffentlichen möchten. Eigene Texte können mit Hilfe eines Online-Formulars bis Ende Mai an den Walliser Schriftsteller-Verband geschickt werden, verbunden mit der Bitte um Veröffentlichung im Organ „Le Cahier“. Zur Erinnerung: In den vergangenen Jahren waren es immer weniger Deutschwalliser Autorinnen und Autoren, die im „Cahier“ des Walliser Schriftsteller-Verbands publizierten. Dutzende von französischsprachigen Unterwalliser Autorinnen und Autoren sind im „Cahier“ vertreten, die Oberwalliser Autorenschaft blieb in den vergangenen Jahren jedoch aussen vor. Im Jahr 2021 war das Deutschwallis mit einer einzigen Oberwalliser Autorin vertreten, die ausschliesslich deutschsprachige Texte im „Cahier“ veröffentlichte.

Hören Sie den Podcast aus der Sendung „Literaturwälla“ zum „Cahier“ und zum Buch „Da oben“. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Rafael Heinen)

Text, Fotos und Radiosendung: Kurt Schnidrig