Früher war doch nicht alles schlecht. Dieser Spruch fällt mir ein, wenn ich ins Kino-Programm der kommenden Wochen gucke. Ab dem 9. November kommt eine neue Literaturverfilmung des legendären Kriminalromans „Mord im Orientexpress“ in unsere Kinos. Der Agatha-Christie-Klassiker datiert aus dem Jahr 1934. Die erste Verfilmung flimmerte bereits 1974 über die Leinwand. Stimmt schon, früher war doch nicht alles schlecht. An die erste Orientexpress-Verfilmung kann ich mich noch gut erinnern, denn in diesem Jahr war ich Maturand im Kollegium Brig.
Neu ist allerdings die Starbesetzung für den alten Schmöker. Als Regisseur und Schauspieler hat sich der Brite Sir Kenneth Branagh an den Krimiklassiker gewagt. Er ist den TV-Zuschauern sicherlich bekannt als Darsteller von Henning Mankells Kommissar Wallander. Mit einem Star-Ensemble will er jetzt alle bisherigen Auflagen von „Mord im Orientexpress“ toppen. Es wird uns im Kino keine erholsame Zugfahrt mit dem Orientexpress erwarten. Privatdetektiv Hercule Poirot, er wird von Kenneth Branagh gleich selbst dargestellt, ermittelt gegen Zugpassagiere, die von einem wahren Hollywood-Starensemble gemimt werden: Judi Dench spielt die Prinzessin Natalia Dragomiroff und Johnny Depp den ermordeten Kunsthändler Edward Ratchett, Penélope Cruz ist eine spanische Missionarin und Michelle Pfeiffer und Willem Dafoe glänzen in Nebenrollen.
Der Inhalt des 1934 erschienenen Romans von Agatha Christie ist zum Glück derselbe geblieben, denn es käme wohl einem Sakrileg gleich, wollte man der Grand Old Lady Agatha Christie am Zeug herumflicken. Es geht um 13 Freunde in einem Zug und es geht um einen Mord. Privatdetektiv Hercule Poirot hat soeben einen Fall aufgeklärt und nimmt auf der Rückreise den legendären Orient-Express. Doch dann gerät die Fahrt ins Stocken, der Zug nach London bleibt in Schneeverwehungen stecken. Mitten im Schnee-Chaos wird der Kunsthändler Ratchett ermordet aufgefunden. Detektiv Hercule Poirot ist gefordert. Er ermittelt gegen die übrigen Reisenden – einer von ihnen muss der Täter sein. Um den Täter zu identifizieren, muss Hercule Poirot mehr über das Opfer und über seine Mitreisenden herausfinden. Aber Hercule Poirot muss sich beeilen – denn der Killer wird vielleicht nochmals zuschlagen.
Ein Blick zurück in die Literaturgeschichte offenbart Interessantes. „Mord im Orientexpress“ ist der 14. Kriminalroman von Agatha Christie. Zuerst erschien er am 1. Januar 1934 im Vereinigten Königreich unter dem Titel „Murder on the Orient Express“. Die amerikanische Erstausgabe erschien erst später im Jahr unter dem Titel „Murder in the Calais Coach“. Der Titel musste abgeändert werden, weil 1933 in den USA der Roman „Stamboul Train“ von Graham Greene unter dem Titel „The Orient Express“ veröffentlicht worden war. Die deutsche Erstausgabe kam dann 1934 im Goldmann Verlag Leipzig heraus unter dem Titel „Die Frau im Kimono“. 1951 änderte der Goldmann Verlag den Titel ab in „Die Frau im roten Kimono“.
Mit dem Start des ersten Kinofilms wurde der Titel dann geändert in „Mord im Orientexpress“. Die aktuelle Neuverfilmung von Kenneth Branagh wird sich am berühmten Kriminalfilm des Regisseurs Sidney Lumet aus dem Jahr 1974 messen lassen müssen. Damals spielte Albert Finney die männliche Hauptrolle und Ingrid Bergman erhielt als Darstellerin der Missionarin einen Oskar. Wir dürfen gespannt sein, ob es Kenneth Branagh gelungen ist, mit seiner Starbesetzung neue Herangehensweisen an diesen klassischen Kriminalroman zu finden.
Text und Foto (Symbolbild): Kurt Schnidrig