Können Bilder zu Literatur werden? Ich denke schon. Bilder können in unseren Köpfen zu Sprache und zu Text werden. Die Bilder der Malerin Colomba Amstutz erzählen von einer neuen Welt, wo die Geographie der Kontinente durcheinander zu geraten scheint. An der samstäglichen Vernissage in der Visper Schützenlaube konnten sich die Kunstfreunde mit der neuen Weltgeographie der Künstlerin Colomba Amstutz auseinandersetzen (Bild). Inspiriert durch die sich weltweit häufenden Naturkatastrophen entsteht in ihren Werken eine neue Weltgeographie: auf ihren Bildern verschieben sich gewisse Territorien, andere verschwinden gar und es entstehen auch neue.
Die Bilder von Colomba Amstutz sind inspiriert von Naturkatastrophen. Jedes Bild hält eine Botschaft bereit, die nur darauf wartet, vom Betrachter textuell und literarisch ausformuliert zu werden. So zeigt zum Beispiel ein Bild einige Menschen, die in einer Fruchtblase schwimmen. Die Geschichte dazu (den Kontext) müssen wir uns selber erzählen. Eine mögliche Geschichte ist die Folgende: Solange der Mensch sich im embryonalen Zustand befindet, also in der Fruchtblase eingeschlossen ist, fühlt er sich geborgen. Sobald er aber aus diesem Refugium katapultiert wird, fühlt er in sich eine unendliche Schwere und er realisiert entsetzt, wie er selbst gewissermassen zu einer Belastung für die Umwelt wird.
Afrika nimmt als gemalter Kontinent auf den Bildern von Colomba Amstutz einen wichtigen Stellenwert ein. Afrika ist die Wiege der Menschheit. Beim Betrachten des Bildes wird uns bewusst, wie sehr die Ferne unsere Nähe sucht. Die Ferne ist eine Spiegelung von Geben und Nehmen. Die Natur nimmt viel, sie gibt aber auch ebenso viel wieder zurück. Sie gibt uns alles, was sie geschaffen hat. Nur leider fällt der Mensch nicht darauf herein, er fällt und fällt. Die afrikanische Platte stösst aus der Ferne auf uns zu und sucht unsere Nähe. Afrika und Europa befinden sich in gegenseitiger Projektion. Beide Kontinente bilden eine übergreifende Projektionsfläche. Zu dieser Projektionsfläche gehört alles, was schon mal da war.
Dass die Malerin so präzise einen Kontext zu ihren Bildern schaffen kann, ist nur dank aufgeschlossenen Betrachtern möglich. Damit die Literatur in Bildern überhaupt zustande kommt, braucht es aber zweifellos eine gute Ausbildung. Colomba Amstutz ist in Locarno geboren. 1986 erhielt sie das Diplom der Académie des Beaux-Arts in Florenz und 1987 jenes der Internationalen Schule für Graphik in Florenz.
Die Bilder der Malerin Colomba Amstutz öffnen in uns das Tor zum Garten der Träume. Es sind dies Träume von einer besseren Welt. Nebst dem visuellen Charakter haben ihre Bilder auch noch textlich und literarisch eine Botschaft zu vermitteln. Wer sich dieser Botschaft öffnen will, der hat noch bis zum 26. November die Gelegenheit dazu. Die Bilder von Colomba Amstutz stehen jeweils von Mittwoch bis Sonntag, 15 Uhr bis 18 Uhr, in der Visper Schützenlaube zum Enträtseln bereit.
Text und Foto: Kurt Schnidrig