Samstagnacht im Zeughaus Kultur in Brig. Auf der Bühne: „Les Sauterelles“, die Band aus den legendären Sixties. Geschätztes Durchschnittsalter des Publikums: 65 Jahre. DAS Gesprächsthema: Das waren noch Zeiten! Der Anlass: Die „View To Heaven Tour“ zum 55-Jahre-Jubiläum der „Sauterelles“. Beliebteste Songs: „Heavenly Club“ aus dem Jahr 1968, „Tambourine Man“ das Bob Dylan Cover aus dem Jahr 1965, und – melancholisch, nostalgisch und wehmütig – das Finale mit „Time to say bye“. Die Stars: Toni Vescoli, Düde Dürst, Freddy Mangili und Peter Glanzmann.
Da haben wir alle mitgesungen, bei diesem geilen Song (sorry wegen dem Ausdruck, aber das war wirklich geil!) : One time I was drunk / And I was going to die / And somehow it took me high, high …/ And nearly in the sky / Comes Petrus, asked me why / I had no card for members … Der legendäre Song datiert aus diesem unglaublichen Jahr 1968, das viele von uns veränderte, einige von uns für ein ganzes Leben. Mit dem Song „Heavenly Club“ landete die Band „Les Sauterelles“ einen Durchbruch in der damaligen heiss umkämpften Rock- und Pop-Szene, in der „The Beatles“, „The Shadows“ und natürlich „The Rolling Stones“ den geilsten Ton angaben. Damals durften wir die Band „Les Sauterelles“ mit vielen Gastmusikern verstärkt erleben, mit Streichern, mit einer Dixie-Band, mit einem Kinderchor sogar. Gesungen wurde der Song damals im 1968 nicht vom sonstigen Leadsänger Toni Vescoli, sondern von Gitarrist Rolf Antener. Das fantastische Streicher-Arrangement schrieb der sinfonische Berufsmusiker Erwin Ernst Kunz, ein Musiker des Zürcher Tonhalle Orchesters. Gestern rockten Toni Vescoli, Düde Dürst, Freddy Mangili und Peter Glanzmann die Bühne des Zeughaus Kultur in Brig ohne ein grosses Streicher-Orchester. Und sie überzeugten mit ihrer Leidenschaft und mit ihrer Spielfreude. Ja, das war nun wirklich „geil“!
Die Urgesteine der Schweizer Rock-Geschichte gaben noch einmal alles, wirklich alles, und man nahm es ihnen noch so gerne ab. Alle diese wunderbaren Songs mit ebenso griffigen Texten. Bei so tollen Songs tauchte bei mir ein untergegangener Kontinent aus dem Unterbewusstsein wieder auf. Da waren einmal die eigenen Hits der Sauterelles wie „Hongkong“ oder „Dream Machine“, ergänzt durch Covers der Beatles, Stones, Kinks und von Bob Dylan. Die „Les Sauterelles“ hatten aber auch neuere Songs aus dem Album „Today“ mit im Gepäck.
Man kann locker alt werden, wenn man im Herzen jung geblieben ist. Dass die Alt-Rocker die 70-Jahre-Grenze teils schon massiv überschritten hatten, nahmen diese gelassen und mit Humor. Da fielen im Verlauf der gestrigen Nacht schon mal Sprüche wie diese: „Mit dieser Musik haben wir es sauglatt im Altersheim“ oder – nach einer Panne mit einem Stromkabel- fragt der eine den anderen: „Hörst du überhaupt noch etwas?“ Aber alles doch kein Problem! Alle vier Musiker brachten das legendäre „Chörli“ – wie sich die Sauterelles intern liebevoll nennen – zum Klingen und neben Toni Vescoli kamen auch Freddy Mangili, Kurt (Düde) Hürst und Peter Glanzmann als Leadsänger zum Zuge.
Sie rissen uns Alt-68er – zumindest in Gedanken – von den Stühlen. Les Sauterelles. Sie zeigten, was man auch nach 70 Lebensjahren noch drauf haben kann. Sie zeigten, wie man ein Leben lang immer noch besser werden kann. Das war authentische Nostalgie in Reinkultur. Forever Young! Gespielt und gelebt mit Druck und Power von heute.
Spielfreude und Lebensfreude pur. Danke, Les Sauterelles! Das wollten wir (wieder)sehen und (wieder)hören! So kann es weitergehen. Bis wir alle zusammen sehr viel später mal den „Heavenly Club“ rocken…
Text und Foto: Kurt Schnidrig