Ei, du scheene Schnitzelbank

Fasnachtseröffnung und Fasnachtsbälle befreien uns jetzt aus der Winterstarre. Guggenmusiken holen uns mit ihren schrecklich-schönen Klängen aus dem Januarloch. Die Fasnachtszeitungen versuchen sich in Satire und Humoreske. „Verslibrünzle“ zu aktuellen Ereignissen ist angesagt. Die Fasnachtsliteratur boomt, auch wenn nicht alles einen Literaturpreis verdient, was da in Wort und Schrift „gebrünzelt“ wird. Hauptsache, es ist lustig oder zumindest ansatzweise satirisch. Fasnachts-Zeitungen sind neueren Datums. Die älteste und traditionsreichste Form der Fasnachtsliteratur ist der Schnitzelbank, so wie wir ihn kennen von den Bänkelsängern, die von Beiz zu Beiz ziehen und ihre Texte in Liedform zum Besten geben.

Der Name „Schnitzelbank“ ist auf die Hobelbank zurückzuführen, an der die Schreiner ihre Holzstücke und Bretter zurechthobeln, wobei hölzerne Schnitzel von der Hobelbank fliegen. Im übertragenen Sinn lassen auch die Schnitzelbanksänger  „geistige Schnitzel“ in Form von Versen und kurzen Texten fliegen. Die Basler reklamieren die Erfindung des Schnitzelbanks für sich. In der Basler Fasnacht lässt sich der Schnitzelbank nämlich zurückverfolgen bis in die 1830er Jahre. Vor dem Ersten Weltkrieg schlossen sich die Basler Sänger zur Vereinigten Schnitzelbankgesellschaft Basel (VSGB) zusammen. Später kam die Basler Schnitzelbangg Gesellschaft (BSG) dazu. Erklärtes Ziel ist die Selbstfinanzierung durch die finanzielle Unterstützung der Wirte, in deren Lokalitäten sie auftraten.

Die Schnitzelbanksänger heissen literarisch korrekt „Bänkelsänger“. Ihren Namen bekamen sie von der Art und Weise, wie sie ihren Auftritt gestalteten. Um für das Publikum besser sicht- und hörbar zu sein, standen sie auf eine kleine Bank. Die Bänkelsänger brachten in Liedern, Versen und Sprüchen ihre Kritik am Alltag und an der Gesellschaft an. Bevorzugt prangerten sie schändliches Verhalten und Skandale ihrer Mitmenschen an, indem sie die fehlbaren Persönlichkeiten mit Hohn und Spott überschütteten. Nebst den Bänkelsängern existierten früher auch die Moritatensänger. „Moritaten“ waren schrecklich schöne Geschichten, die ebenfalls zur Unterhaltung des Publikums vorgetragen wurden.

Bänkel- und Moritatensänger sind uns bereits aus dem 17. Jahrhundert bekannt. Die Fasnachtsliteratur in Form von satirischen Versen geht jedoch noch viel weiter zurück, sie lässt sich bis zu den keltischen Barden zurückverfolgen, die lange vor Christi Geburt durch die Lande zogen. Im Mittelalter tauchen die Verse und Spottlieder zur Fasnacht dann erneut wieder auf.

Auch Fasnachtsliteratur musste sich früher der Zensur stellen. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg war es auch in der demokratischen Schweiz üblich, die Auswüchse und Frivolitäten der Fasnachtsliteratur zu bekämpfen. Was „Unanständigkeiten und Beschimpfungen“ waren, beurteilte die Polizei, und in schlimmeren Fällen zogen die Verspotteten sogar vor die Gerichte. Die Basler Schnitzelbank-Gruppen achten bis heute auf Qualität ihrer Produktionen. Das sogenannte „Comité“ fördert die Qualität der fasnächtlichen literarischen Produktionen. Förderkriterien sind dabei die Jury-Prämierung von Vortrag, Versen und Kostümen, dazu auch die Anzahl der erfolgreichen Auftritte in den fasnächtlich geschmückten Beizen.

Die grosse Mehrheit der Schnitzelbanksänger ist männlich. Viele Traditionen in der Fasnacht sind reine Männerdomänen, so auch das Vortragen von Schnitzelbänken. „Maximal eine Frau pro Bank“ erlaubt seit 1953 in ihren Statuten die Basler Schnitzelbangg Gesellschaft BSG.

Eine Kostprobe der besten (Basler) Schnitzelbänke? Bitte schön:

Noo de Waale z Amerika / Lytet der Gilbert Gress em Trump grad aa: / Ich gratulier und mier duet schyyne / dy Coiffeur isch der glyych wie myne.  (Käller Assle ; Bebbi Bängg).

Vegan, biologisch, laktosefrei / und kai Gluten, dr letschti Schrei / wäär so läbt däm ka’s passiere / duet me am Änd denn komposchtiere.  (Alperöösli; VSG).

Wo dr Roger geg` dr Wawrinka muess spiile / Sesch ihn immer irritiert zur Mirka schiile / Im pinke Pulli wartet sii scho näb em Platz / No dänggt är: „Du, do spiil i lieber no en Satz!“ (Babberlababb; BSG).

Text und Foto (Archivfoto): Kurt Schnidrig