Am fetten Donnerstag geben die Fasnächtler alles, was sie haben. Nach langer Vorbereitung und Planung geht es ab in den „Gätsch“ oder zumindest ab in die Fasnachtsbeiz. Lustig ist dabei auch einiges. Meistens kommt es auf die Begleitung an, der man sich anschliesst. Und auf die Verkleidung. Denn lustig sein, das ist schwierig. Das Vorurteil von den humorlosen Deutschsprachigen hält sich hartnäckig. In der Schweiz müsse einer mit dem Lachen anfangen, sonst lache keiner, heisst es. Oder er warte damit bis zum nächsten Tag. Und schon Mark Twain schrieb: „Ein deutscher Witz ist nichts zum Lachen“. Wie ist es aber wirklich um den Humor in der Literatur bestellt?
Viele deutsche Klassiker fürchten den Humor wie der Teufel das Weihwasser. Lange Zeit gab man dem Dichterfürst Goethe die Schuld dafür. Goethe habe die Idee des Genies erfunden. Wer aber ein Genie sei, der könne nebenher nicht auch noch lustig sein, werfen ihm die Kritiker vor. Goethe sei dafür verantwortlich, dass die Deutschen das Lustigsein so gar nicht beherrschen. Dichter wie Rilke und Hölderlin setzten auf das heilige Wort des Dichters, niemals sollten schäbige Lacher und Clowns das heilige Dichterwort entweihen. Den deutschen Dichtern – allen voran den Prosaschriftstellern Thomas Mann und Robert Musil – liegt wohl eher die Ironie, sie ist zumindest ein Seitentrieb des Humors.
Die Satire ist eine Spielart des Humors und sie findet sich etwa bei den Dichtern Jean Paul und Heinrich Heine. Die Satire paart sich häufig mit dem Gedanken der literarischen Frechheit. Jean Paul titelte etwa: „Auch der Urin gibt einen Regenbogen“. Das Schräge, das Komische und das Lustige findet sich bevorzugt in den Gedichten von Jandl, Lichtenberg und Morgenstern.
Ansätze von Humor lassen sich auch im deutschsprachigen Roman finden. Allerdings weiss man als Leser da nie so genau, wann nun ein Autor witzig sein will. Häufig sind es gerade die rätselhaften und trockenen Stellen in einem Roman, die unfreiwilligen Humor versprühen. Auch Franz Kafka hatte so eine koboldhafte Seite, auf die man erst bei näherer Betrachtung stösst. Aus internationaler Perspektive betrachtet, prägen immer noch alte humorlose Männer das Bild der deutschen Literatur, der nihilistische Nietzsche etwa und der pessimistische Schopenhauer.
Wie gefährlich ist ein Buch, das vom Lachen handelt? In seinem Roman „Der Name der Rose“ zieht der italienische Autor Umberto Eco als Ursache für die Humorlosigkeit auch die konservativ-religiöse Erziehung mit in Betracht. Seine Geschichte spielt vor dem historischen Hintergrund eines Streits zwischen dem Papst und dem Mönchsorden der Franziskaner. In einer Benediktinerabtei geschehen mysteriöse Morde. Die Ermittlungen fördern verbotene und verborgene Leidenschaften und Lüste der Mönche zu Tage. Dazu gehört auch das Lachen. Ein greiser Mönch hütet einen besonderen Schatz, nämlich das einzig erhaltene Exemplar des „zweiten Buches der Poetik“ des Aristoteles, das von der Komödie handelt. Der greise Mönch hält die in diesem Buch vertretene positive Einstellung zum Humor und zum Lachen für derart gefährlich, dass er es mit Gift präpariert, so dass jeder, der darin blättert, zu Tode kommt. Am Ende verbrennt mit dem Buch, das vom Lachen handelt, die gesamte Abtei.
Der Mensch allein leidet so tief, dass er das Lachen erfinden musste. Dieser Satz stammt von Friedrich Nietzsche. Tatsächlich ist das Lachen und der Humor eine gute Therapie gegen Krisen, Sorgen und Depressionen. In diesem Sinne seien allen Fasnächtlern die paar närrischen Tage und Nächte von Herzen gegönnt.
Text und Foto (Archivbild): Kurt Schnidrig