Es ist eine nicht genügend erwähnte Tatsache, dass das Leben der meisten Frauen ohne Männer gar nicht zu bewältigen ist. Dieser Satz stammt aus dem Buch „Männer“, das die Verhärtung der Fronten zwischen Männern und Frauen aufbrechen möchte. Geschrieben hat das Buch eine Frau, Susanne Meyer. Ihr Buch steht in einer langen Reihe von ähnlich gelagerten Büchern, die in diesem Frühjahr als Reaktion auf die #metoo-Debatte erschienen sind. Diese Debatte muss zwar stattfinden. Es steht ausser Frage, dass Übergriffe jeglicher Art unverzeihlich sind. Doch die Debatte hat leider auch einen fatalen Nebeneffekt.
Der fatale Nebeneffekt der #metoo-Debatte besteht darin, dass sich zwischen Männern und Frauen die Fronten verhärtet haben. Viele Männer sind verunsichert, wissen kaum mehr, wie sie mit Frauen umgehen können und dürfen. Da können Sachbücher wie jenes von Susanne Meyer entkrampfend und erfrischend wirken. Susanne Meyer hat Literatur studiert und arbeitet als Journalistin. Ihre bevorzugten Themen sind der Feminismus, Kinderfragen und die Mode. Als Bloggerin behandelt sie auch Themen rund um das Thema „Männer“. Susanne Meyer bloggt zwar über die Schwächen und Fehler von Männern, aber sie schlägt sich deswegen noch lange nicht auf die Seite der Frauen. Sie warnt die Männer davor, den Anschluss nicht zu verlieren, denn die Frauen seien in ihrer Emanzipation schon viel weiter vorangeschritten.
„Männer, ihr werdet grad neu definiert“, schreibt die Autorin Susanne Meyer. In 60 Texten macht sich die Autorin auf Spurensuche: Wie ist das heute, ein Mann zu sein? Die Feldforschung zum Thema „Männer“ fördert Erstaunliches zu Tage. Sie bestätigt, was viele von uns beispielsweise in weiterführenden Schulen feststellen: Die jungen Frauen haben das Feld der Bildung für sich erobert. Wo aber sind die Männer geblieben? Unsere moderne Gesellschaft erfordert nicht mehr den männlichen Tunnel-Blick, sondern eher die weibliche Weitwinkel-Perspektive. Frauen sind häufig kommunikativ besser. Sind sie mitverantwortlich für das berufliche Scheitern vieler Männer?
Wann ist Mann ein Mann? fragte schon der Songwriter Herbert Grönemeyer. Die Rivalität unter Männern ist schon fast die Regel. Aber auch Männer haben eine weiche Seite, die sie ausleben müssten. Noch immer spielt der Mann lieber den Helden, anstatt Gefühle zu zeigen. Zu unterscheiden ist zwischen echten und falschen Helden. Auch weinende Männer sind Helden. Frauen beschweren sich gern über Männer, doch seien sie in ihren Botschaften alles andere als eindeutig, schreibt die Sachbuch-Autorin Susanne Meyer. Macht der Mann klare Ansagen, fühle sich die Frau häufig bevormundet. Zeigt der Mann aber Verständnis, gelte er als ein Weichei.
Der Mann ist immer noch ein Mysterium. Was Männer denken und fühlen, lässt sich oftmals nur erahnen. Das hängt wohl damit zusammen, dass die Frauen die Emotionen und die Welt der Gefühle während Jahrhunderten für sich gepachtet haben. Auch moderne Frauen tendieren oft immer noch dazu, für die Männer gleich mitzudenken und mitzufühlen. Doch damit berauben sie die Männer eines grossen Teils ihres Innenlebens. Was simpel tönt, aber häufig in Vergessenheit gerät: Es gibt nicht einfach den Mann. Männer gibt es als Ehemänner, Söhne, Chefs, Präsidenten, Arbeiter, Angestellte und so weiter. Alle sehen wir täglich, was sie arbeiten und was sie tun, aber was sie dabei denken und fühlen, lässt sich oft nur erahnen.
Es gilt, die heissgelaufene Geschlechterdebatte zu entkrampfen. Die aktuelle Debatte liefert derzeit vor allem negative Schlagzeilen über Männer. Die Sachbuch-Literatur versucht dagegen zu halten. Die Sachbuch-Autoren sind sich einig: Jeder einzelne Mann ist weit facettenreicher, als es die medial hochgespielte aktuelle Debatte vermittelt. Gute Sachbücher finden den richtigen Ton zur rechten Zeit. Die wichtigste Botschaft dabei ist: Männer und Frauen brauchen einander. Es geht nicht ohne einander.
Text und Foto (Symbolbild): Kurt Schnidrig