Der Mittelaltermarkt im alten Dorfteil von Naters bot ein prickelndes Vergnügen. Das Eintauchen in die Welt des Mittelalters war faszinierend. Teils sogar mittelalterlich eingekleidet, flanierte ein phantasievolles Völklein durch den Handwerker- und Warenmarkt. Falkner, Bogenbauer, Löffelschnitzer, Schmiede und Musikantinnen verliehen dem Markt das authentische Flair (Bild). Gefehlt haben einzig Geschichten aus dem Mittelalter. Aber es ist nie zu spät. Wer den Besuch auf dem Mittelaltermarkt mit historischen Romanen vertiefen möchte, dem bietet sich eine breite Palette von historischen Bestsellern an. War aber das Mittelalter wirklich eine so spannende und fröhliche Epoche, wie sie uns die Schausteller auf dem Mittelaltermarkt in Naters vorführten?
Finsteres Mittelalter. Die Menschen des Mittelalters waren rückständig, abergläubisch und ungebildet. Ausnahmen waren bedeutende Gelehrte, wie etwa Albertus Magnus, Thomas von Aquin oder Meister Eckart. Allerdings gab es im Mittelalter in den Jahren zwischen 500 und 1500 auch viele menschenverachtende Kriege. Gewalt und Seuchen traten später an die Stelle der Kriege. Die statistische Lebenserwartung war gering, die Hälfte der Menschen starb bereits als Kind. Überstand ein Kind die ersten Lebensjahre, bestand noch eine statistische Lebenserwartung von etwa 50 Prozent. Die Pest war die dominierende Seuche, die zahllosen Menschen einen frühen Tod bescherte. Willkür und Folter waren an der Tagesordnung. Die Hexenverfolgung erreichte im 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt.
Historische Romane sind Bestseller. Im deutschsprachigen Raum haben sich Autorinnen und Autoren auf das Schreiben von Romanen mit mittelalterlichen Themen spezialisiert. Zu den Grossen der Branche zählen auf dem internationalen Parkett Autoren wie Ken Follet, Jeffrey Archer und Rebecca Gablé. In Deutschland haben sich insbesondere Iny Lorentz, Hanni Münzner und Oliver Pötzsch dem Genre der historischen Romane verschrieben. Welches sind nun aber die erfolgreichsten historischen Romane? Es sind vor allem die spannenden, blutigen und tragischen Geschichten aus dem Mittelalter, die sich heute eine grosse Fanbase geschaffen haben.
Starke Frauen sind in mittelalterlichen Romanen eine Seltenheit. Der Roman „Die Portraitmalerin“ von Cornelia Naumann spielt im Berlin des Jahres 1733. Anna ist erst zwölf Jahre alt, als ihre Mutter stirbt. Sie hat nur ein Ziel. Anna möchte Malerin werden. Eine derartige Ausbildung war im 18. Jahrhrhundert nicht für eine Frau vorgesehen. Gewaltsam wollen Unbekannte der kleinen Anna ihren eigenen Willen brechen.
Heimliche Heilerinnen. Im Heidelberg des Jahres 1388 steht die junge Madlen in den Diensten einer Hebamme. Ihr umfassendes Wissen über Kräuter hilft, Schmerzen zu Iindern. Ihre Geschichte festgehalten hat die Autorin Ellin Carsta im historischen Roman „Die heimliche Heilerin“.
Hexen waren häufig tätowiert. In der bayerischen Stadt Schongau wird eine tätowierte Leiche angeschwemmt. Die Bewohner der Stadt beschuldigen die Hebamme. Weshalb sollte die Hebamme aber eine Leiche tätowieren? Die Lösung gibt’s im Roman „Die Henkerstochter“.
Mittelalterlicher Beziehungsknatsch. Wir Heutigen können uns trösten. Schon im Mittelalter gab es Beziehungsknatsch. Und schon im Mittelalter waren die besten Männer immer schon vergeben. Davon erzählt der historische Roman „Die honigsüssen Hände“ von Marion Johanning.
Luxusgetränk Kaffee. Ein historischer Abenteuerroman mit dem Titel „Der Kaffeedieb“ verspricht Hochspannung. Im Jahr 1683 befindet sich Europa im Banne einer neuen Droge. Die Osmanen erheben jedoch hohe Zölle. Ein junger Engländer hat schliesslich eine gute Idee. Er will den Türken das Kaffeemonopol abspenstig machen.
Wanderapothekerin und Wanderhure. In „Die Wanderapothekerin“ möchte eine junge Frau Heilmittel und Kräuter verkaufen. In „Die Wanderhure“ erzählt die Autorin Iny Lorenz von einer Frau, die über den eigenen Schatten springen muss. Eine böse Intrige zerstört alle ihre Hoffnungen.
Mode im Mittelalter. Ja, Modeherstellung war bereits im Mittelalter ein Thema. Eine junge Frau erhält in Augsburg ein eigenes Modeatelier. Ihre Modelle haben grossen Erfolg. „Das Erbe der Tuchvilla“ von Anne Jacobs könnte auch eine Vorlage gewesen sein, für die zauberhaften Kostüme der Musikantinnen, die wir auf dem Mittelaltermarkt bewundern durften (Bild).
Text und Fotos: Kurt Schnidrig