Verstärkt mit Percussionisten und Bläsern trat die legendäre Band „Plastic Creatures“ in der vergangenen Samstagnacht in neuer Frische, aber immer noch mit viel Flower-Power-Music vor ein begeistertes Publikum. Zuvor hatte die Band „remember“ die vielen Anhänger der Flower-Power-Zeit mit Songs der Rolling Stones, der Beatles, von Uriah Heep und anderer grosser Bands in Erinnerungen schwelgen lassen. Tony Eggel hat viele Oberwalliser Musiker aus dieser Zeit aufgesucht und eine Dokumentation über rund 20 Oberwalliser Pop-, Beat- und Rockbands erstellt. Im Buch „yesterday“ lässt er nochmals die Aufbruchstimmung der Zeit von 1962-1972 aufleben, die ihn, genauso wie viele andere seiner Generation, bis heute geprägt hat.
Geblieben ist die Freude und der Spass. Für die „ergrauten Herren“ der Band remember seien die Songs von damals bis heute ein Jungbrunnen geblieben, sagt Bandleader Tony Eggel. Eine politische Botschaft wie früher würden die Lieder heute zwar nicht mehr transportieren, aber immer noch seien die Songs der Rolling Stones, der Beatles, von Uriah Heep und anderer grosser Bands von politisch wichtiger Aussagekraft. Ein gutes Lied müsse für ihn drei Komponenten ethalten: eine gute Melodie, einen tollen Rhythmus und einen tiefsinnigen Text, fasst Tony Eggel zusammen.
Weltweite Aufbruchstimmung. Eine Befreiung von Fesseln sei das damals gewesen, die man unseren Eltern und den Vorfahren angelegt hatte, weiss Eggel zu berichten. „Wir hatten alles hinterfragt, wollten eigenständig denken.“ Das Oberwallis schloss sich damals der weltweiten Aufbruchstimmung an, einzig die in englischer Sprache gesungenen Lieder hätten damals den Oberwalliser Bands noch etwas zu schaffen gemacht, die englische Sprache beherrschten nämlich die wenigsten stilrein, so dass einige Bandmitglieder nur erahnen konnten, worüber sie da in Wahrheit sangen, gesteht Tony Eggel schmunzelnd.
Wundervolle Erinnerungen und grosse Emotionen. Die Musik der Jahre 1962-1972 habe ihn und viele andere Musiker zutiefst geprägt, sagt Tony Eggel. Aus der Musik dieser Zeit heraus sei damals auch eine sozialpolitische Bewegung entstanden, berichtet er stolz. Nun sei es jedes Mal wieder ein zauberhaftes Erlebnis, das Geschehen von damals musikalisch wiederbeleben zu dürfen. Da würden Erinnerungen hochkommen und mit ihnen auch beglückende Emotionen.
Aufbruchstimmung und Flower-Power. Gesellschaftspolitisch waren die 60er und 70er Jahre geprägt von einer weltweiten Aufbruchstimmung und von Flower-Power. Die Musik war auch ein Transportmittel für grosse Ideen und Werte wie Frieden, Liebe und gegenseitiges Verständnis unter den Völkern. Warum wohl ist diese grandiose Strömung ins Stocken geraten oder gar ganz verschwunden? Bewegen könne man heute mit Musik vor allem die Gemüter, glaubt Tony Eggel. Die Musikgruppen, welche die Musik aus jener Zeit auch heute noch spielen, können die Menschen heute noch auf der emotionalen Ebene ansprechen, glaubt Eggel, eine grosse Auswirkung auf das politische Geschehen habe diese Musik aber heute nicht mehr.
Freiheit und Unabhängigkeit. Während in den Nachbarländern Deutschland und Frankreich die studentische Revolte in den 60er Jahren das „Establishement“, die verkrusteten Autoritäten der Gesellschaft, zu stürzen versuchte und teils auch ausartete und entartete, waren die Auswirkungen des weltweiten Aufbruchs bei uns im Oberwallis moderater. „Ich war damals zu einem politischen Menschen geworden“, verrät uns Tony Eggel. Allerdings hätte er niemals bei einer politischen Partei mitmachen wollen. „Ich wollte unabhängig sein, ich wollte sachbezogen denken können, ein Partei-Eintritt hätte mich zu stark eingeschränkt und hätte mir die Flügel zu viel gestutzt“, sagt Eggel.
Für Frieden, Liebe und gegenseitiges Verständnis. Unsinnige Einschränkungen von Institutionen wie Staat und Kirche und auch seitens der Potentaten dieser Welt, das alles gibt es auch heute wieder. Auch die „hanging fruits“, die grossen Probleme dieser Welt, harren immer noch einer Lösung, genau wie damals. Deshalb sei es auch heute noch angesagt, mit Songs anzutreten und darin die politischen Probleme zu thematisieren, ist Tony Eggel überzeugt. Doch müsse man auch realistisch bleiben. Alle diese grossartigen Werte wie Frieden und gegenseitiges Verständnis würden auf dieser Welt wohl ein ewiges Wunschdenken bleiben. Die Potentaten haben die Macht und sie versuchen den Menschen (zu) einfache Mittel aufzuzeigen um die Probleme zu lösen. „Ich traue diesen Rattenfängern nicht“, sagt Tony Eggel. Die Hoffnung jedoch bleibt bestehen, denn die Hoffnung stirbt zuletzt.
„Yesterday“ – eine faszinierende Dokumentation. Über die prägende Zeit der 60er und frühen 70er Jahre existierte bisher kaum eine zusammenhängende Dokumentation. Mit seinem Buch „yesterday“ füllt Tony Eggel von der Band „remember“ nun eine kulturelle Lücke. Es ist dies nicht einfach nur eine Dokumentation. Das Buch „yesterday“ ist ein Erinnerungsschatz für all jene Aktiven und Bewegten, deren Leben bis heute geprägt ist von grossartigen Erinnerungen und Emotionen.
Text und Fotos: Kurt Schnidrig