Das Thema Liebe ist auch im Mai 2020 angesagt, auch wenn Hochzeiten wegen des herrschenden Versammlungsverbots von mehr als fünf Personen immer noch verboten sind. In Zeiten des Lockdowns halten sich auch die Verlage mit Neuerscheinungen zurück, was aber immerhin die Möglichkeit schafft, auf Liebesromane zurückzugreifen, die in den vergangenen Jahren für Furore gesorgt haben. Ich habe für Sie, liebe Leser*innen, drei der zauberhaftesten und verrücktesten Liebesromane der vergangenen fünf Jahre hervorgeholt.
„Die Liebe ist gar nichts“. Mit diesem provokativen Titel eroberte der Schriftsteller Günter Ohnemus die Herzen einer breiten Leserschaft. Es ist dies die Geschichte von Gloria „mit dem goldenen Herzen“ und von Tom „mit dem gebrochenen Herzen“. Im Flugzeug lernen sich die beiden kennen, eine lose Beziehung verbindet sie über Jahrzehnte. Alle Versuche, aus der offenen Beziehung einen bürgerlichen Alltag zu machen, scheitern. Liebe ist gar nichts. Trotzdem geht es immer irgendwie weiter. Der Roman ist eine Gratwanderung zwischen der romantischen Suche nach Geborgenheit und dem Misstrauen gegenüber der grossen Liebe. (Günter Ohnemus: Ava oder Die Liebe ist gar nichts. C.H.Beck Verlag, München. 237 Seiten.)
„Grosse Liebe“. Wenn man sich zurückerinnert an die erste Liebe, dann sieht man diese erste Liebe oftmals ganz verklärt und in einem goldenen Rahmen. Im Alter erinnert man sich gern an die erste Liebe, und sie ist nicht selten die ganz grosse Liebe des Lebens gewesen. Zumindest im Roman „Grosse Liebe“ des Autors Navid Kermani ist das so. „Sie war 19 und er gerade 15. Sie hiess Jutta, war die Schönste des Schulhofs, und seit sie ihn verliess, hat er nie wieder so gross geliebt“ – so beginnt der Roman. In hundert kurzen Kapiteln erinnert sich der Erzähler „an das Anhimmeln der Schönsten, an zarte Berührungen“. Warum aber funktioniert die „Erste Liebe“ oftmals nicht? Es ist der Alltag, der graue Alltag, der das Leben langweilig macht. Er nimmt der Liebe die Romantik. So endet denn auch dieser Roman nüchtern und illusionslos: „Von dieser grossen Liebe ist nicht mehr geblieben als viele erste Male und ein ordentliches Rezept zum Kochen von Spaghetti Bolognese.“ Warum sollte man solche Geschichten trotzdem lesen? Vielleicht darum, dass der ewige Traum von der grossen Liebe weiter geträumt werden kann. Navid Kermani hat im Jahr 2015 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels zugesprochen erhalten. Auch dies ist bestimmt mit ein Grund, sich wieder mal in diese grandiose Liebesgeschichte zu vertiefen. (Navid Kermani: Grosse Liebe. Hanser Verlag, München. 224 Seiten).
„Die Wunderübung“. Manchmal kann nur ein Wunder eine angeschlagene Liebe noch retten. Davon erzählt die Geschichte „Die Wunderübung“ des Autors Daniel Glattauer. Es ist die Geschichte von Joana und von Valentin. Beide streiten sich. Sie nehmen die Dienste eines Paartherapeuten in Anspruch. Doch die Beziehung von Joana und von Valentin ist ein hoffnungsloser Fall. Der Paartherapeut ist ratlos, und er unterbricht die Sitzung für eine Viertelstunde. Als der Paartherapeut zurückkommt, ist er am Boden zerstört. Seine Frau hat ihm mit einer SMS die Liebe gekündigt. Jetzt kommt es zu einem Gespräch zwischen den zerstrittenen Eheleuten und dem geknickten Paartherapeuten. Als Leser ist man sich da nicht mehr sicher, wer jetzt hier wen therapiert. Der Roman gerät zu einer Psychokomödie mit Tiefgang. (Daniel Glattauer: Die Wunderübung. Verlag Deutike, Wien. 111 Seiten.)
Was manchmal allzu leicht in Vergessenheit gerät, das ist die Tatsache, dass es nur ganz besondere Liebesgeschichten zwischen Buchdeckel schaffen. Vor allem sind es verrückte Liebesgeschichten, die den Mythos von der grossen und ewigen Liebe in Frage stellen.