Liebeserklärung an das bäuerliche Leben

Auf einem Bauernhof mit Pferdezucht ereignet sich Dramatisches. (Symbolbild: Kurt Schnidrig)

Eine flammende Liebeserklärung an das bäuerliche Leben hat der Bergbauer Jean-Pierre Rochat in Buchform verpackt. Sein Buch „Nebelstreif“ ist ein Manifest gegen das Schicksal unserer Bauern und Kleinbauern, die unter den herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen ihrer Existenz beraubt werden.

„Nebelstreif“ – so heisst das letzte Pferd, eine Stute, die der Bauer Rochat verkaufen muss. Das Pferd Nebelstreif gelangt bei der Versteigerung des Bauernhofs ganz zuletzt zum Verkauf. „Nebelstreif“ heisst auch das Buch von Bauer Rochat (Verlag Die Brotsuppe, 104 Seiten). Er muss sein gesamtes Hab und Gut verkaufen: Das liebe Vieh, die vielen Gerätschaften, alle Maschinen. Mit jedem Tier, mit jeder Maschine, mit allem, was er verkaufen muss, verliert Bauer Rochat auch ein Stück von sich selbst. Jean-Pierre Rochat war Bauer mit Leib und Seele. Für ihn bedeutet der Abschied vom Bauern-Leben eine persönliche Tragödie.

Das Ende einer grossen Liebe war der Auslöser für die Katastrophe. Jean-Pierre hatte Frieda, eine fremdländische Schönheit, vor Jahren geheiratet. Mit ihr hatte er alles aufgebaut: eine Familie mit zwei Kindern, ein heimeliges Bauernhaus, einen Landwirtschaftsbetrieb mit Pferdezucht. Es schien, als habe Bauer Jean-Pierre mit seiner Frieda auch noch das grosse Los gezogen: Frieda erwies sich als äusserst begabt für die Arbeiten auf dem Bauernhof. Frieda und Jean-Pierre schienen wie geschaffen füreinander. Doch dann hatte sich Frieda in einen anderen verliebt. Als sie ihrem Jean-Pierre erklärte, dass sie ihn verlasse, da brach für ihn eine Welt zusammen.

Wie hat das passieren können? Fassen wir die drei Jahre meiner Talfahrt zusammen, wie der solide Sockel meiner Vorfahren, Grund und Boden, unter meinen Füssen zu nichts zerbröselt ist, wie ich ins Wanken gekommen und kaputtgegangen bin. Frieda, meine fremdartige Schönheit, hat sich in einen anderen verliebt, der hinterletzte Kerl hätte darauf kommen können, nicht ich, für mich war das undenkbar, für mich war unsere Liebe unwandelbar, ewig, daher der Schock, als sie mir, begehrenswert wie eh und je, da vor mir erklärte: „Ich verlasse dich!“, wie in einem Film, im Theater, im Fernsehen.

Aus: „Nebelstreif“ von Jean-Pierre Rochat

Wie der Blitz aus heiterem Himmel habe ihn das Aus seiner Ehe mit Frieda getroffen. Aber das sei ihr „scheissegal, sie war frisch verliebt und entdeckte das wie eine wunderbare Erfahrung“, ist im Buch von Jean-Pierre Rochat nachzulesen.

Jean-Pierre Rochat, der Autor, will sein Buch als ein Manifest und als einen Hilferuf verstanden wissen, dass wir unseren Bergbauern bessere Bedingungen und wirtschaftliche Unterstützung bieten müssten. Dem Bauer Rochat bleibt nach der Versteigerung seines Landwirtschafts-Betriebs eigentlich nur noch der Tod, wie er schreibt. Das Buch „Nebelstreif“ ist somit auch wieder eine Liebeserklärung an das bäuerliche Leben. Es ist wohl ein Glücksfall, dass Bauer Rochat nicht nur Bauer, sondern auch noch Dichter und Autor ist. So kann er uns in Buchform mitteilen, wie hart das Bauern-Leben in den Bergen heute ist und wie problematisch es auch ist, als Bauer eine Frau zu finden und eine Familie zu gründen, die das alles mitmacht. „Nebelstreif“, das Buch von Jean-Pierre Rochat, ist als „Roman des romands“, als bester Roman der französischsprachigen Schweiz, ausgezeichnet worden.

Text, Fotos und Radiosendung: Kurt Schnidrig