Der Föhn ist ein Symbol der Reinigung. Wenn er durch das Tal braust, fegt er allen Schmutz weg und bringt uns die Berge zum Greifen nah. Somit ist er nicht nur ein Symbol der christlichen Reinigung und Erlösung von Schmutz und Sünde, sondern auch ein Symbol des klaren und ungetrübten christlichen Blicks einer streng katholischen, solide verankerten Weltanschauung! Mit anderen Worten: Die FÖHNWALZE macht in Wirklichkeit Reklame für den Weltenschöpfer, den Creator mundi, der vor Jahrmillionen die Föhnwalze in den Schweizer Alpen erschaffen hat!
Aus: Ratatouille und Klatschmohn von Gottlieb Guntern, S. 288
Der Song „Die Verweigerung“, den Ratatouille für die Rockband schreibt, produziert eine Pandemie. Die Schweiz ist wie verhext. Der Bundesrat reagiert zuerst mit aller Härte, dann jedoch lockert er die Vorgaben und verschanzt sich im Militärbunker im Gotthard-Massiv. Beim Lesen assoziiert man unwillkürlich die Pandemie, die wir nach Beschluss des Bundesrates ab sofort nicht mehr haben. Wir sind uns alle einig: So eine Pandemie ist des Teufels! Nur folgerichtig also, dass der Papst höchstpersönlich nach Zürich kommt und auf dem Paradeplatz den Teufel aus der verhassten Pandemie austreibt.
Die Story ist äusserst fantasievoll verpackt, aber keineswegs völlig fiktiv. Die gelebte Realität muss sich die geneigte Leserschaft allerdings schon selbst dazu interpretieren. Gottlieb Guntern verquickt und verschmilzt in seinen literarischen Werken eigene Erlebnisse, Erfahrungen und die Wissenschaft mit viel Fantasie. In „Ratatouille und Klatschmohn“ erinnern die Songs der Rock-Band FÖHNWALZE an Bertolt Brecht und an dessen rebellische Songs in der Dreigroschenoper beispielsweise, oder an Kurt Tucholsky, dem das Zitat zugeschrieben wird: „Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber“.
Ein Mensch, der alles akzeptiert / Der ist ein Viech, das nichts kapiert / Ein feistes und recht dummes Schaf / Das Angst hat und das blökt so brav / Abgestochen wird und abgebrüht / Rasiert wird, bis es nackt aussieht / Aufgeschlitzt und dann tranchiert / Die Kutteln raus und degradiert / Zum armen kleinen Würstchen …
Aus: „Ratatouille und Klatschmohn“ von Gottlieb Guntern, Seite 307
Literarisch lassen sich Gunterns Romane kaum einordnen. Eine Nähe zu Brechts oder zu Tucholskys Werken erscheint zuweilen plausibel. Fest steht auch, dass Gunterns literarische Arbeiten das Mittelmass weit übersteigen. Wer sich mit Gunterns Werken befassen möchte, der sollte sich allerdings genügend Zeit dafür nehmen. Mit seinen Werken liefert der Psychiater und Kreativitätsforscher zudem illustrative Beispiele für eine seiner wichtigsten Thesen: Die Überbewertung des rationalen Denkens, angesiedelt in der linken Hirnhemisphäre, hat uns Abendländern schon so manchen Strich durch unsere anscheinend doch so perfekt kalkulierten Pläne und Projekte gemacht! Dabei wäre die Fantasie und alle die zauberhaften Bilder, die unser Leben erst lebenswert machen, in der rechten Hirnhälfte beheimatet. Also: Nur Mut! Lasst uns vermehrt die rechte Hirnhälfte einschalten, bei allem, was wir tun. „Ratatouille und Klatschmohn“ lesen, Gottlieb Gunterns satirische Komödie, ist bereits eine sehr wirksame Übung dazu.
Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig