„Ich denke an manchen Tagen, dass es besser wäre, wenn wir gar keine Religionen mehr hätten. Alle Religionen und alle Heiligen Schriften bergen ein Gewaltpotenzial in sich.“ Dieser Satz stammt aus dem neusten Buch des Dalai Lama. Mit einem flammenden Appell hat er sich nach den fundamentalistisch motivierten Terroranschlagen der vergangenen Monate mit einem schmalen Büchlein an die Welt gewandt, das sofort weltweit zu einem Bestseller wurde. Darin vertritt der Dalai Lama die These, viel wichtiger als die Religionen seien die Bereitschaft zu Liebe, Güte und Zuneigung. Das ist Wasser auf die Mühlen der Philosophen und Denker. Im Namen von Religionen wurden und werden Kriege geführt, sogar „Heilige Kriege“.
Seit Jahrtausenden wird Gewalt im Namen von Religionen eingesetzt und gerechtfertigt. Religionen verhelfen einigen von uns fälschlicherweise zu einem bequemen Leben. Wer glauben kann, der legt sein Schicksal in Gottes Hand. Eigenes Denken erübrigt sich. Der Glaube verspricht eine Fortsetzung „danach“. Im Jenseits geht es „gottgegeben“ mehr oder weniger komfortabel weiter. Der Lasterhafte wird bestraft und fährt zur Hölle, und wer sich im Diesseits sittsam verhält und nicht sündigt, kann sich darauf verlassen, im Jenseits als Himmlischer ein ewiges Leben weiterführen zu können. Das tönt einfach und ist praktisch. Wo aber bleibt das eigene Denken und Handeln?
Als Philosoph und Literat bin ich überzeugt, dass man sich auch ohne drohende Strafe im Jenseits dafür begeistern kann, mit der Natur und mit den Mitmenschen respektvoll und liebevoll umzugehen. „Alls was brüüchsch uf dr Wält, das isch Liäbi“. Dieser Satz stammt zwar aus einem etwas süsslichen volkstümlichen Liedchen. Er könnte aber auch vom Dalai Lama stammen. Er fordert Ethik und Werte statt Religionen. Die Liebe ist mit Sicherheit der wichtigste Wert.