Mündliche Prüfungen haben in den letzten Tagen darüber entschieden, wer sich nun das begehrte Matura-, FMS- oder OS-Diplom abholen darf. Es ist dies oftmals eine Viertelstunde, die über die weitere berufliche oder akademische Karriere entscheidet. Was mir als Experte bei Matura-Prüfungen besonders aufgefallen ist: Kandidatinnen und Kandidaten, die über eine gute Auftrittskompetenz verfügen, kommen bei jeder Jury gut weg. Auftrittskompetenz wird vor allem im Schultheater geübt, aber auch in Talentshows, die heute auch vorbildlich von OS-Zentren durchgeführt werden (Bild: Als Jurymitglied in der OS Leuk).
Auftrittskompetenz ist die Fähigkeit, in der persönlichen Kommunikation (Face-to-Face-Communication) kompetent, überzeugend und authentisch aufzutreten und somit eine Jury (Professoren, Lehrer, Experten) von den eigenen Kompetenzen zu überzeugen. Durch ein authentisches und erfolgreiches Auftreten lässt sich der Verlauf eines Gesprächs oder einer Prüfung entscheidend beeinflussen.
Fachliches Wissen reicht heute oftmals nicht mehr aus, um Examinatoren zu überzeugen. Insbesondere in Sprach- und Kommunikationsfächern wird je länger je mehr auch auf das Wie der Präsentation geachtet. Was oftmals vergessen geht: Bei der Kommunikation hängt der Erfolg zu 93 Prozent davon ab, wie etwas gesagt wird!
Experten, Examinatoren und Jury-Mitglieder entscheiden zu 7% nach den Worten der Kandidaten, zu 55% wie sich deren Körper zu den Informationen verhält und zu 38% wie deren Stimme die Fakten präsentiert. Viele Kommunikations-Ratgeber in Buchform warten deshalb mit Ratschlägen auf, wie vor allem die sogenannte Auftrittskompetenz verbessert werden könnte.
Faktoren, die eine erfolgreiche Auftrittskompetenz ausmachen, werden vor allem im Theater auf der Bühne gelehrt und gelernt: Präsenz, Ausstrahlung, Authentizität, Glaubwürdigkeit, Aufmerksamkeit für den/die Kommunikationspartner, Innere Einstellung, Körperausdruck, Mimik, Gestik, Stimmausdruck, Gefühl für Raum und Zeit, Outfit und Äusseres.
Im Schultheater und im Rollenspiel lernen die Teilnehmenden grundlegende Fähigkeiten beim Sprechen vor dem Publikum. Sie verlieren ihre Angst und entwickeln viel Selbstbewusstsein beim Auftritt. Durch den bewussten Einsatz von Sprache und Körpersprache lernen sie ihre Auftritte themen-, situations- und adressatengerecht zu gestalten. Akteure auf einer Bühne lernen zudem, sich kritisch mit der Wirkung des eigenen Auftritts auseinanderzusetzen und individuelle Stärken weiter zu entwickeln.
Was vielen Prüflingen – und später auch den Mitarbeitenden in Firmen und Betrieben – oft fehlt, das sind Inhalte wie „Freies Sprechen“, „Mittel gegen Lampenfieber“, „Richtiges Einsetzen von Atem, Körper, Stimme“, die „Planung und Vorbereitung eines Auftritts“, der „Redeaufbau“ und die „Rededramaturgie“, „Stichwortunterstützung“ und „Sprachliche Verständlichkeit und rhetorische Stilmittel“.
Natürlich lässt sich für viel Geld ein Kommunikations- oder Präsentationskurs auch später noch belegen. Wer aber die Möglichkeiten ausgeschöpft hat, die ein Schultheater bietet, erspart sich viel Geld, Zeit und vor allem auch Enttäuschungen. Bereits auf der Schulbühne können die jungen Darstellerinnen und Darsteller lernen, sich in Übereinstimmung mit ihrer Haltung, ihrem Stimmklang, ihrer Mimik und Gestik zu artikulieren und zu präsentieren.
Wer über Auftrittskompetenz verfügt, der wirkt charismatisch, energievoll und magisch. Die Herzen fliegen ihm zu – nicht nur die Herzen der Examinatoren an Prüfungen, sondern auch die Herzen der vielen Weggefährten im Verlauf eines langen und erfolgreichen Lebens.
Zum Bild: Jury bei einem Talentwettbewerb in der OS Leuk. Foto: Vom OK zur Verfügung gestellt.