Vierzig Jahre Kunstverein Oberwallis – zum Jubiläum gab es gestern viel Überraschendes zu entdecken. Darunter auch den ursprünglich aus Simplon-Dorf stammenden Künstler Anton Rittiner, der jetzt in Spiez lebt und dort mit literarisch-malerischen Arbeiten für Furore sorgt. Sein Buch „Kitsune“ beinhaltet viel Spektakuläres aus dem Kunstbetrieb. Die Autorin Sudabeh Mohafez erzählt auf zehn Zeilen eine kurze Geschichte, Anton Rittiner malt seine Bilder dazu, die nun erneut für Mohafez die Inspiration liefern zu neuen Bildern. Entstanden ist so eine Geschichte mit 22 Kapiteln, die nun unter dem Titel „Das eigenartige Haus“ vorliegt.
Persönlichkeiten mit grossen Verdiensten beehrten die GV und den Geburtstags-Anlass des Kunstvereins mit ihrer Anwesenheit. Mit Freude durfte ich durch den zweiten Teil führen, der ganz im Zeichen des Jubiläums stand. An der Gesprächsrunde durfte ich den Kunstmaler Walter Willisch, den Maler und Plastiker Uli Wirz, die Kunstglaserin Monique Rubin und die Videokünstlerin Linda Costales begrüssen (Bild). Walter Willisch, der sich als überaus kompetenter und einfühlsamer Zeichenlehrer während Jahrzehnten teilzeitig in den Dienst der Oberwalliser Lehrerseminarien und des Kollegiums gestellt hatte, eröffnete in eigener Regie im Jahr 1965 die erste Kunstgalerie im Oberwallis. Es war dies die Galerie zur Matze in Brig. Uli Wirz hat sich sukzessive von seinem Beruf als Architekt gelöst, was eine Hinwendung zur bildnerisch-gestaltenden Arbeit ermöglichte. Monique Rubin, ebenfalls langjährige Präsidentin des Kunstvereins, betätigt sich heute mit grossem Erfolg als Kunstvermittlerin für die Ausstellungen des Kunstvereins Oberwallis. Die Videokünstlerin Linda Costales ist ein Mitglied aus der jüngeren Generation des Kunstvereins. Sie befasst sich mit dem Menschen und seinen grundlegenden physischen und psychischen Zuständen. Und der Maler Anton Rittiner bereicherte den Jubiläumsanlass, indem er Spannendes zu seiner Arbeit zum Besten gab.
Anton Rittiner arbeitet als Künstlerduo. Hinter dem Künstlerduo rittiner & Gomez stecken Anton Rittiner und sein Alter-Ego Gomez. Ohne Gomez hätte er keine Motivation und keinen Antrieb zu malen, erklärte er dem staunenden Publikum. Und das Alter-Ego Gomez sei durchaus auch eine sehr inspirierende Seite in ihm. Es komme hinzu, dass er sich auch mal hinter Gomez verstecken könne, verriet der Künstler. Rittiners Alter-Ego namens Gomez lebt auf der fiktiven mediterranen „Isla Volante“. Und Gomez auf der Isla Volante ist es denn auch, dem Rittiner 60 Bilder in seinem „Inseltagebuch“ gewidmet hat.
Die Bilder von Anton Rittiner enthalten versteckte Botschaften. Jeder Betrachter ist nun aufgefordert, seine eigene Geschichte dazu zu erfinden, also literarisch tätig zu werden. Jedes Bild deutet nämlich bereits für sich eine Handlung an. Einzelne Teile der Bilder kommunizieren gar miteinander. Der Künstler Anton Rittiner beherrscht aber auch noch eine weitere Technik. Er malt Bilder in Acryl auf Baumwolle, die wie Collagen wirken, aber die keine Collagen sind, denn nichts wurde geschnitten und geklebt. Rittiner nennt diese Bilder „Corte Corto“. Das Wichtigste ist, dass man sich von den Bildern anstecken lässt. Die Ansteckung äussert sich im besten Fall so, dass die Bilder unsere Fantasie beflügeln.
Drei Mikro-Romane mit sechzig Bildern zu kombinieren, das ist schon eine spektakuläre Leistung. Am Ende dieses künstlerischen Produktionsprozesses steht das Buch „Kitsune“. Das Buch geht der Frage nach, wie und unter welchen Umständen das Erzählen entstanden ist. Das Autoren-Duo diagnostiziert beim modernen Menschen ein Unbehagen gegenüber Geschichten. Zwei Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, kommen zu Wort. Ihr Leben nimmt eine nie erwartete Wende. Die Geschichte im Buch „Kitsune“ nimmt jedoch ein überraschend positives Ende, sie entpuppt sich als ein stiller Weg zurück ins Glück. Die Mikroromane im Buch handeln alle vom gleichen Thema. Sie variieren das Thema „Ankommen“ auf verschiedene Weisen, und sie bieten der Leserin, dem Leser damit verschiedene Möglichkeiten, sich eine Geschichte erzählen zu lassen.
Die Feier zum runden Geburtstag des Kunstvereins Oberwallis war äusserst anregend und inspirierend. Künstlerisch, literarisch und vor allem auch menschlich.
Text: Kurt Schnidrig. Foto: rro / hm