Die Mediathek Visp mit Co-Leiterin Rebekka Mengis (Bild) lud zu einer Lesung mit Autor Kurt Studer. Der Verfasser der Perren-Schlegel-Saga vermittelte seiner Zuhörerschaft die Auseinandersetzung zwischen der zehnjährigen Anna und ihrer Pflegemutter aus dem 9. Kapitel des zweiten Bandes glaubwürdig und mitfühlend. In diesem Literatur-Blog habe ich bereits aus verschiedenen Perspektiven die beiden bestens recherchierten Romane vorgestellt. Unter der Schlagzeile „Sie konnten zusammen nicht kommen“ finden Sie die Blog-Geschichte zum ersten Band (24. September 2019). Zusammen mit dem Literatur CLUB73 durfte ich Kurt Studer auf einer literarischen Winterreise nach Leukerbad als Autor vorstellen (1. Februar 2020). Zusammen mit Kurt Studer begab ich mich sodann am 6. März 2021 auf die Spuren der Perren-Schlegel-Saga in Visp. Die Bilder und Eindrücke dazu finden Sie in meiner Blog-Geschichte unter dem Datum vom 6. März 2021.
Die Perren-Schlegel-Saga kurz zusammengefasst: Nach dem Ersten Weltkrieg reist der 28-jährige gelernte Wagner Johann Schlegel aus Flums nach Sitten um dort zu arbeiten. Er verliebt sich Hals über Kopf in die 14 Jahre ältere Luise. Die beiden werden ein Paar. Luises Familie meldet bereits früh ihre Bedenken gegen diese Liaison an. Als Luise ungewollt schwanger wird, überstürzen sich die Ereignisse. Eine ungewollte Schwangerschaft ist im damaligen Wallis eine unerhörte Katastrophe. Eine Heirat erscheint den Betroffenen schlichtweg unmöglich. Mit der offenen Frage, wie es mit dem Paar nun weitergehen soll, schliesst der erste Band. Der zweite Band beginnt mit dem Zerwürfnis des Liebespaars. Johann Schlegel kehrt 1921 aus Sitten nach Flums zurück. Die uneheliche Tochter Anna lebt bei Pflegeeltern in St. Niklaus und in Visp. Aus Scham und aufgrund gesellschaftlicher Tabus werden auf beiden Seiten verwandtschaftliche und familiäre Beziehungen eisern verschwiegen. Der zweite Band der Perren-Schlegel-Saga spielt in der Zeit von 1921-1978. Autor Kurt Studer liefert mit seiner Saga damit auch ein Sittengemälde des Wallis in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Es ist dies eine Epoche, angesiedelt zwischen technisch-wirtschaftlichem Fortschritt und erzkatholischen Moralvorstellungen.
Kurt Studer ist ein hervorragender Rechercheur, der die historischen Fakten, angereichert mit Fiktion, spannend zu präsentieren weiss. (Copyright Foto: Kurt Schnidrig)
Für eine überraschend-spannende Umrahmung des Anlasses sorgte der Sitar-Spieler Alois Biner. Die Sitar ist eine gezupfte Langhalslaute aus Indien. Die Sitar dient als Melodie-Instrument in der klassischen indischen Musik. Die Sitar eigne sich bestens, um die menschliche Stimme nachzuahmen, erklärte uns Alois Biner. Stilecht indisch gewandet sitzt der Spieler, Sitarji genannt, mit übergeschlagenen Beinen auf dem Boden. Die linke Hand greift die Saiten hinter den Bünden. Das Instrument von Alois Biner ist oben mit 6 Melodien-Saiten und unten mit 11 Rhythmus-Seiten bestückt.
Die Sitar und die indische Musik beeinflussten ab den 1960er-Jahren die westliche Beat- und Rockmusik. Persönlich erlebte ich an einem Konzert damals George Harrison, den Gitarristen der Beatles, mit einer Sitar im Arm bei Titeln wie „Within You Without You“. Auch Brian Jones von den Rolling Stones huldigte dem Sitar-Spiel. So in den Stücken „Paint it Black“ und „Street Fighting Man“.
Ein rundum gelungener Abend war’s in der Mediathek von Visp. Das Sitar-Spiel verlieh den historisch-dramatischen Fakten der Perren-Schlegel-Saga aus dem erzkonservativen Wallis der Kriegsjahre etwas von der fernöstlichen Hippie-Leichtigkeit der 1960er-Jahre. Eine sehr berührende Mischung, die in Erinnerungen schwelgen liess.
Text, Fotos und Radiosendung: Kurt Schnidrig