Florian Imhof: Vernissage von „Heimatlügen“

Florian Imhof verriet in der ZAP Brig seinen Leser*innen den Werkplan und die Hintergründe zum Taschenbuch „Heimatlügen“. (Bild: Kurt Schnidrig)

„Heimatlügen“ – Ein spannender Krimi? Ein geheimnisvoller Thriller? Ein dramatischer Heimatroman? Autor Florian Imhof möchte sich da nicht festlegen. Sein Roman-Erstling darf auch literarisch ohne weiteres als „genreübergreifend“ eingeordnet werden. Im Kern dreht sich die Handlung um die fiktive „Walker-Story“. Dabei verfügt das Buch über alle Ingredienzen, die einen einfallsreichen Regio-Krimis ausmachen. Vor allem die Infotexte, geschrieben nach dem „Was-man-so-weiss-Prinzip“, erheben das Taschenbuch darüber hinaus aber auch zu einem unterhaltsamen Begleiter für Touristen, die den Stockalperweg von Brig auf den Simplon unter die Füsse nehmen, oder die auf dem Rosswald dem Skifahren frönen.

Als Lehrer und Autor nimmt Florian Imhof seine Leserinnen und Leser an der Hand. Viel Wissenswertes, das auch für Einheimische teilweise wenig bekannt sein dürfte, mischt der Autor geschickt in den Erzählfluss. Seien dies nun regionale Bauwerke und Besonderheiten wie der alte Spittel auf dem Simplonpass, die Ganterbrücke, der 36er Wanderweg auf den Rosswald, oder sei dies eine Aufklärung über einheimische Giftschlangen. Aus der Aktualität heraus geboren ist wohl auch der dienliche Vergleich der „Wolfsproblematik“ im Oberwallis mit der „Dingoproblematik“ in Australien. „Dii hüeru Dingos!“, flucht eine Protagonistin, die aus dem Oberwallis nach Australien ausgewandert ist. Und auf dem Rosswald fragt man sich „Was sekklund de hie alli eso nerwöös umenand?“ Die Schafe wurden zwei Mal innerhalb von drei Stunden von einem Wolfsrudel angegriffen und der Eyer Alfred auf dem Rosswald stösst fluchend ins selbe Horn: „Diese verdammten Wölfe! Ich könnte an die Decke gehen vor Wut!“

„Ich bin ein Geschichtenerzähler“, gesteht Florian Imhof dem Vernissage-Publikum. Sein erzählerisches Talent zeigt sich etwa dann, wenn der Autor sehr passend und illustrativ Sagen und Erzählgut in seine Romanstory einfliessen lässt. „Es kommt nicht gut, wenn man eine Sage an dem Ort erzählt, wo sie entstanden ist!“, warnt einer der Protagonisten im Roman. Ein anderer Protagonist erzählt dann doch die Sage „va iischum Johanneli Fy“. Die dialektalen Einsprengsel verleihen Imhofs Romanwerk zusätzlich viel Lokalkolorit und Authentizität. Die Erzählung verläuft grösstenteils chronologisch, zuweilen sorgt der Autor mit Rückblenden und Retrospektiven erst spät für Klarheit. Geschickt spannt er seine Leserschaft auf die Folter, um schliesslich mit einem völlig unerwarteten, aber durchaus nachvollziehbaren Schlussfurioso, auch die geübten Krimi-Fans zu überraschen.

„Das ist ja wie in Hollywood“, schüttelt selbst ein Protagonist im Roman den Kopf. Tatsächlich dringen Lügen und unbequeme Wahrheiten zum Schluss der „Walker-Story“ zuhauf ans Tageslicht. Allzu viel sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: Aufgrund von herben familiären Enttäuschungen geflüchtet und ausgewandert nach Australien, kehrt Sarah Walker nach dreissig Jahren in ihre Oberwalliser Heimat zurück. Dort stellt sie sich ihrer von Lügen geprägten Vergangenheit und möchte endlich Frieden finden. Ob’s gelingt? Lesen!

Autor Florian Imhof begeisterte mit seinen hintergründigen Ausführungen amüsant und unterhaltsam das Vernissage-Publikum. (Bild: Kurt Schnidrig)

Ein Autor als Self-Made Man. Auf seiner „Bucket-List“ durfte Florian Imhof bereits einige Posten abhaken: Drehbuch schreiben für Kurzfilm, Theater schreiben, Produktion von Kindergeschichten auf CD. Nun auch Buch schreiben- erfüllt! Seine Romanstory habe er sich jeweils in den Ferien am Meer ausgedacht, verrät er seinem Vernissage-Publikum. „Ich habe Angst vor dem Meer, Angst vor dem Bootfahren, Angst vor Quallen“, gesteht er. Während die Familie sich im Meer tummelte, habe er an „Heimatlügen“ geschrieben. Nicht nur geschrieben. Umschlag, Fotobearbeitung und Satz: Florian Imhof. Er hat das Buch auch selbst gelayoutet, er hat es mit tollen (bearbeiteten) Bildern illustriert. Und womit er das Prädikat „Besonders wertvoll“ verdient: Er hat Familie, Freunde und Dorfbevölkerung einbezogen im Sinne einer wahren Lese- und Schreibförderungs-Werkstatt.

Self-Made Man und Konstrukteur Florian Imhof erfüllte in „Heimatlügen“ eine „Real-Time To Do List“, die er sich selbst auferlegt hat. (Bild: Kurt Schnidrig)

Die „Vocalisti“ umrahmten die Vernissage stimmungsvoll. Wundervoll passend eröffnete das Männeroktett unter der Leitung von Norbert Carlen die Vernissage des Oberwalliser Romans stilvoll mit dem Walliserlied. Mit volkstümlichem Liedgut wie mit Adolf Imhofs „Abschied vom Gantertal“ berührten die Vocalisti die Herzen des Publikums und sorgten für empathische Identifikation mit dem Romangeschehen.

Hören Sie dazu den Podcast aus der Sendung „Literaturwälla“. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Simon Kalbermatten)

Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig