„Was macht das jetzt mit mir, das Alter?“, fragt Elke Heidenreich in ihrem Buch übers Altwerden

„Wer viel geliebt hat, der hört doch damit nicht auf, weil eine Altersgrenze erreicht ist“, schreibt Elke Heidenreich und untermauert ihre Thesen mit Zitaten von Berühmtheiten wie etwa von Albert Einstein. (Symbolbild: Kurt Schnidrig)

Die bekannte Literaturkritikerin Elke Heidenreich schreibt mit 80 Jahren ein Buch, das sich seit Wochen an der Spitze der Bestseller-Listen hält. Sie befasst sich darin mit dem Thema Altern und Altwerden. Das dünne Büchlein mit knapp 110 Seiten ist ein Plädoyer für einen positiven Umgang mit dem Thema „Altwerden“.

Elke Heidenreich schreibt ein sehr persönliches Buch, gespickt mit Zitaten und mit Gedanken zu ihrem Leben und zu ihrer Lebensphilosophie. Das Buch stimmt nachdenklich, es regt aber gelegentlich auch zum Schmunzeln an. Wer Elke Heidenreichs Auftritte in TV-Sendungen verfolgt, der weiss: Frau Heidenreich ist eine recht eigensinnige Autorin, die aber im Herzen und auch im Kopf erfrischend jung geblieben ist.

Ihre Lebenserfahrungen verpackt Heidenreich gekonnt zwischen Buchdeckel, sie untermauert ihre eigenen Gedanken und Erinnerungen aber immer wieder auch mit Zitaten von anderen Autorinnen und Autoren, von Philosophen, Literaten und anderen Berühmtheiten.

Die Autorin zitiert beispielsweise Albert Einstein. Der soll nicht nur in Physik und Mathematik Bescheid gewusst haben, denn er soll eine Freundin gehabt haben, die ihn einmal die Woche besuchte währenddem Frau Einstein in die Stadt ging, um Besorgungen zu machen. Er sei wohl der „relative“ Ehemann gewesen, vermutet die Autorin.

„Der obere Teil unseres Körpers denkt, aber der untere entscheidet unser Schicksal.“

Albert Einstein, zitiert in Elke Heidenreichs Buch „Altern“

Das Alter habe seine Defizite, das Alter bringe aber auch sehr viel Positives mit sich: Die Autorin schreibt von „Zugewinnen“, die das Alter zweifellos auch mit sich bringe. Wenn man in Bewegung bleibe, wenn man sich weiterhin engagiere, sein Leben strukturiere, dann liesse sich noch viel erreichen, auch im Alter, gibt sich die Autorin überzeugt. Voraussetzung dafür allerdings sei, dass man gesund bleibe.

Ein Zitat des Oberwalliser Schriftstellers und Poeten Pierre Imhasly hat in Heidenreichs Buch „Altern“ ebenfalls Aufnahme gefunden. In seiner „Rhone Saga“ schreibt Pierre Imhasly über die übermütige Jugend, sie solle unbedingt tanzen, dabei „aber die schweren Schuhe anbehalten“, also nicht abheben. Im Alter aber, da dürfe man die schweren Schuhe ausziehen, denn man sei nun den Weg bis ins hohe Alter in den schweren Schuhen gegangen, jetzt dürfe man die schweren Schuhe ausziehen, schreibt Heidenreich in Anlehnung an das Imhasly-Zitat.

Was damit gemeint sein soll: Im Alter soll man im Herzen und im Geiste jung bleiben, mitfühlend bleiben, nicht verhärten. Man soll aus seinem Leben noch etwas machen, man soll auch im Alter noch sein Leben mit Sinn aufladen.

Und was hat es mit der viel zitierten Altersdiskriminierung auf sich? Sollte man mit dem Alter und mit den älteren Menschen sorgsamer umgehen? Altersdiskriminierung, modisch als „Ageism“ bezeichnet, gebe es mit Sicherheit, schreibt die Autorin. Diskriminierung allerdings gebe es in jedem Alter. Bereits Ende der 60er, anfangs der 70er-Jahre seien die Haare zu lang, die Klamotten zu wild, die Musik zu laut und die Sexualität zu freizügig gewesen, erinnert sich die Autorin.

„Zuerst waren wir die verhassten Revoluzzer, in der Mitte des Lebens die angepassten Spiesser, jetzt sind wir die Alten, die an allem schuld sein sollen.“

zitiert nach Elke Heidenreich in: „Altern“

Eine wichtige Botschaft, die Elke Heidenreich in ihrem Buch „Altern“ vermittelt, lautet: Alte Menschen sind nicht alle gleich, denn ein langes Leben macht einen Menschen zu einem Individualisten. Eines der grössten aktuellen Probleme in unserer Gesellschaft bestünde darin, dass man alle alten Menschen gleich behandeln würde.

Tatsache aber sei, dass nicht alle gleich altern würden, stellt die Autorin in ihrem Buch fest. Einige würden noch mit 80 einen Marathon laufen. Und wer ein Leben lang geistig gearbeitet habe, der könne das auch noch mit 80. Und die Autorin hält fest: „Es ist nicht wichtig, wie alt man wird, sondern wie man alt wird.“

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig