„Bevor der Kaffee kalt wird“: Eine Zeitreise in die Vergangenheit, um aufzuräumen, was liegen geblieben ist.

In einem Café kann man sich auf einen magischen Stuhl setzen und eine Reise in die Vergangenheit unternehmen. (Bild: Kurt Schnidrig)

Seit kurzem ist auf BookTok – einer Bücherecke auf der Social Media Plattform TikTok – eine monatliche Bestsellerliste aufgeführt. Ein weltweiter Bestseller ist das Taschenbuch mit dem Titel „Bevor der Kaffee kalt wird“.

Was wäre, wenn du in die Vergangenheit reisen könntest? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Buch „Bevor der Kaffee kalt wird“. Der japanische Autor Kawaguchi erzählt die Geschichte von einem magischen Sessel, der sich in einem ganz besonderen Café in Japan befindet. Wer sich auf diesen Sessel setzt, der darf in die Vergangenheit zurückreisen, aber nur so lange, bis „der Kaffee kalt wird“.

Das Café trägt den Namen „Funiculi Funicula“, und es zieht viele Menschen magisch an. Dies wohl deshalb, weil die Menschen das Bedürfnis verspüren, eine Episode aus der Vergangenheit nochmals zu erleben.

Nun gibt es natürlich mannigfache Gründe, warum und weshalb man in die Vergangenheit reisen möchte. Vielleicht hat man sich mit jemandem verkracht und hat den Wunsch, sich wieder zu versöhnen. Oder man ist von jemandem enttäuscht worden und möchte sich mit dieser Person wieder arrangieren.

Die Kaffeestube „Funiculi Funicula“ bietet tatsächlich einen ungewöhnlichen Service an: Wer in die Vergangenheit reisen möchte, der muss sich zuerst einmal einen Platz auf dem sogenannten Zeitreise-Stuhl ergattern, denn dieser Platz ist äusserst begehrt. Wer einmal auf dem Zeitreise-Stuhl sitzt, betritt eine Art Twilightzone und macht einen transzendentalen Sprung in die Vergangenheit.

Die Mehrzahl der Aspiranten, die auf dem Zeitreise-Stuhl in die Vergangenheit reisen wollen, möchten eine Situation mit einem geliebten Menschen nochmals erleben. Andere drängt es, Missverständnisse aufzuklären oder irgendetwas nachzuholen, was man versäumt hat.

Dies alles wird möglich mit einer Zeitreise in die Vergangenheit, mit einem Chrono-Transfer also. Die Reise in die Vergangenheit darf jedoch nur so lange dauern, wie die servierte Tasse Kaffee noch warm ist.

Eine Zeitreise in die Vergangenheit ist nur möglich, solange der Kaffee noch warm ist. (Bild: Kurt Schnidrig)

Wer sich nicht an die Regeln hält, bekommt es zu tun mit einem Geist in Gestalt einer Frau in einem weissen Kleid. Die Frau ist ein Wesen aus dem Jenseits. Der Geist ist eine Warnung an alle, die sich zu lange in der Anderswelt aufgehalten haben. Und die nicht mitbekommen haben, dass der Kaffee inzwischen kalt geworden ist.

„Bevor der Kaffee kalt wird“ ist ein geschickt aufgemachter Ratgeber voller guter Tipps für die zwischenmenschlichen Beziehungen. Das Buch suggeriert unterschwellig, dass sich Glück lediglich dann einstellt, wenn man immer wieder Ordnung schafft mit allem, was in der Vergangenheit nicht korrekt abgelaufen ist.

Wäre es möglich, in die Vergangenheit zu reisen, liesse sich womöglich erkennen, dass eine Paarbeziehung hätte gerettet werden können, und dies nicht selten mit wenig Aufwand. Könnte man eine Reise in die Vergangenheit unternehmen, wäre es meistens aufgrund der zeitlichen Distanz möglich, gerade zu biegen, was krumm gelaufen ist.

In einem Gewissenskonflikt entscheiden wir nämlich allzu schnell und allzu emotional. Wohl auch aus diesem Grund kommt die Botschaft des Buches bei den Leser:innen derart gut an: Eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit, um aufzuräumen und um zusammenzurechen, was liegen geblieben ist. Aber bitte: Bevor der Kaffee kalt geworden ist.  

Hören Sie dazu den Podcast aus der Sendung „Literaturwälla“ von Radio Rottu Oberwallis. (Quelle: Kurt Schnidrig / Sarah Brunner / Joel Bieler)

Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig