Die Liebe hat kein so gutes Image. Man kann sie nicht erzwingen, anders als einen Waschbrettbauch oder eine Bikini-Figur. Allein das Wetter ist in der Lage, die Liebe zu beeinflussen. Das ist statistisch bewiesen: Im Sommer verlieben wir uns häufiger als im Winter. Logisch. Im Winter hat man andere Probleme, rauhe Lippen zum Beispiel oder kalte Hände, und all das verträgt sich mit der Liebe nicht.
Eine liebe Kollegin von mir – eigentlich eine gelernte Chemikerin – behauptet, Liebe sei im Wesentlichen eine chemische Reaktion. Das allerdings finden Romantiker wie ich allzu banal. Aber gut, versuchen wir das Phänomen „Sommer-Liebe“ mal chemisch zu erklären: Chemische Reaktionen werden durch Wärmezufuhr (= Sommer) forciert, zwei Elemente (das weibliche und das männliche) reagieren schneller und heftiger miteinander (= Sex bzw. Liebe – oder gar beides!).
Für alle, die mal echt Liebe machen wollen – ich meine jetzt im chemischen Sinn – die können gerne mal versuchen, diese lustfördernde chemische Substanz herzustellen, die im Gehirn das Liebessyndrom auslöst. Wie immer, kommt auch dieses moderne Zeugs aus Amerika:
C6 H5 (NH2) CH3 = chemische Substanz, die im Gehirn das Liebessyndrom auslöst, entdeckt von Michael Liebowitz / USA.
Es sei an dieser Stelle vor diesem Zeugs auch gewarnt. Für Risiken und Nebenwirkungen steht Ihnen keiner gerade. Ein Folgeproblem stellt sich dann auch, wenn Sie das chemisch erzeugte Liebessyndrom wieder wegkriegen möchten. Meine oben erwähnte Kollegin mit abgeschlossener Chemielehre hat dafür eine Lösung parat, die ich an dieser Stelle jedoch nicht weitergeben darf, weil sie nicht ganz jugendfrei ist.
So jetzt aber zur Literatur. Eigentlich sind wir ja schon mitten drin, in der Literatur. Sehr beliebt sind zur Sommerszeit sogenannte „Anthologien“, das sind Sammlungen von kurzen, heissen Geschichten. Als Beispiel kann ich Ihnen das Taschenbuch „Heisse Zeiten, heisse Geschichten“ aus dem Diogenes Verlag empfehlen. Das Taschenbuch versammelt fünfzehn unterschiedliche Sommergeschichten, meist zum Thema Liebe. Warum gerade zum Thema Liebe? Das habe ich Ihnen oben in meiner langen Einleitung bereits erklärt.
Nun also zum Inhalt. Da erzählt Arthur Schnitzler in seiner Geschichte „Das Himmelbett“ von den intensiven ersten Wochen einer Liebesbeziehung, gemeint ist die Zeit, in der die Schmetterlinge im Bauch gerade noch am Flattern sind, bevor sie dann zur Landung ansetzen.
Hansjörg Schneider erklärt wortgewaltig und mit Beispielen, weshalb sich der öffentliche Verkehr besonders gut auch für den privaten Verkehr eignet: In der Eisenbahn trifft er sich mit Henriette.
Für alle, die es gern literaturhistorisch haben: In der Geschichte „Marroca“ schildert Maupassant die Liebe eines Franzosen zu einer Marrokanerin, wobei das Liebespaar beinahe vom Ehemann erwischt wird. (Geschichten von Amateuren machen eben Mut, es selber besser zu machen!).
Kurt Tucholsky ist mit seinem „Bilderbuch für Verliebte“ in dieser Geschichtensammlung vertreten. Verraten sei an dieser Stelle, dass die Verliebten das Bilderbuch nicht bloss anschauen. Aber darauf wären Sie, liebe Leserin, lieber Leser, wohl auch ohne meinen Hinweis gekommen.
Es sind unterschiedliche Genres vertreten und auch ganz unterschiedliche Autoren. Fabio Volo wird erotisch, Banana Yoshimoto auch, seine Geschichte ist aber auch sehr erschreckend. Doris Dörrie nimmt einen mit nach Ibiza, als Alt-Hippie lässt man sich natürlich gerne dahin mitnehmen.
In „Heisse Zeiten, heisse Geschichten“ sind fünfzehn Kurzgeschichten für heisse Tage versammelt. Ob hitziges Schäferstündchen zu Hause oder eine Foreign Affair, ob flüchtiger Urlaubsflirt oder die grosse Liebe, diese Anthologie macht Lust auf den Sommer.
Literaturangabe: Margaux de Weck: Heisse Zeiten, heisse Geschichten. Diogenes Taschenbuch. 250 Seiten.
Zum Bild: Sommergewitter mit Regenbogen über dem Rhonetal. Foto: Kurt Schnidrig.