Am Literaturfestival in Leukerbad aufgefallen: Soltan Danyi, Lyriker, Hochschullehrer und Rosenzüchter. Der Protagonist in seinem Roman „Der Kadaverräumer“ ist ein gebrochener Überlebender der Jugoslawien-Kriege. Er mordete und vergewaltigte, ist nun aber selber traumatisiert. Er ist nun Täter und Opfer zugleich. Ein junger Mann lebt im Danach. Die traumatisierenden Erlebnisse liegen weit zurück, aber immer noch versucht der Traumatisierte in Zoltan Danyis Roman sein in Stücke zerbrochenes Leben zusammenzuflicken.
Traumatisierende Erlebnisse verarbeiten. Zoltan Danyi wurde 1972 als Angehöriger der ungarischen Minderheit in Jugoslawien geboren. Damals war er als Zwanzigjähriger im wehrdiensttauglichen Alter. Er entzog sich dem Wehrdienst, indem er zum Studium der Philosophie und der Literatur nach Ungarn emigrierte. Doch was in seiner Heimat geschah, verstörte ihn zutiefst. Welche Folgen hat eine Gewalterfahrung und wie zerstört sie einen Menschen? Danyi hat dazu eine eigene These entwickelt. Er sieht und versteht Waffengewalt und den ganzen Wahnsinn des Mordens als eine fehlgeleitete sexuelle Aggression.
Von der Unmöglichkeit des Erzählens. Zwar wird dem Schreiben oft auch eine therapeutische Wirkung attestiert. Bei Zoltan Danyi funktioniert dies jedoch nicht. Das Trauma verunmöglicht ein Erzählen und dessen Versprachlichung. Der beständige Wechsel zwischen Innen- und Aussenperspektive, zwischen Gegenwart und Vergangenheit, verweigert dem Traumatisierten das Rekonstruieren und Widerherstellen der verlorenen Harmonie in seinem Leben. So schickt Zoltan Danyi in seinem aufrüttelnden Romandebüt einen namenlosen Protagonisten auf eine Irrfahrt durch den eigenen Kopf.
Text und Foto: Kurt Schnidrig