François Meichtry, ehemaliger Lehrer am Briger Kollegium, hat einen Lyrik-Band veröffentlicht

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François Meichtry-Schneider stammt aus Guttet-Feschel und lebt heute in Binningen bei Basel. Der Lyrik-Band „PALIM AHA PALIM“ ist bereits sein drittes Buch. (Bild: zvg)

François Meichtry hat seine Kindheit und Jugend in den Leuker Sonnenbergen verbracht. Nach dem Studium von Romanistik und Germanistik war er ein Vierteljahrhundert lang Mittelschullehrer am Kollegium Spiritus Sanctus in Brig. Er lebt nun in Binningen bei Basel und ist soeben 83-jährig geworden. In seinen lyrischen Texten, die er als „Miniaturen“ bezeichnet, blickt er zurück auf Ereignisse aus seinem Leben und er verrät auch Tiefsinniges aus seinem philosophischen Gedankengut.

„PALIM aha PALIM“ – so heisst sein neues Buch, es ist dies bereits sein drittes Werk. Der Titel ist dem Griechischen entnommen. Aus der Antike stammt der Begriff „Palimpset“. Darunter lässt sich ein Pergament verstehen, von dem die Schreibkundigen den ursprünglichen Text abgekratzt und danach neu beschrieben hatten. Beim Palim oder Palimpset überlagern sich also unterschiedliche Zeitabschnitte. Und genau dies ist auch der Fall im Werk von François Meichtry.

Mit seinen mehr als achtzig Jahren blickt François Meichtry zurück auf ein reicherfülltes Leben. Und wie bei einem antiken „Palimpset“ überlagern sich auch hier verschiedene Zeitabschnitte. Der erste Zeitabschnitt ist seiner Kindheit in Guttet-Feschel in den Leuker Sonnenbergen gewidmet. Mit dem Text „Vor 80 Jahren“ windet er seinem Geburtsort ein Kränzchen:

„Mein Geburtsort liegt im Schnee auf 1280 m.ü.M. / 80 Jährchen sind’s her. / Schwierige Zeiten für die Familie. / Schwierige Zeiten für alle: Zweiter Weltkrieg wütet. / Alles ist verschneit / Und bleibt unter einer dicken Schneedecke. / Der Winter ist zu früh hereingebrochen. / Er ist hart und lang. / Länger als sonst. / Kartoffeln, Karotten und Kohlrabi liegen unter / Dem weissen Kleid und müssen mühsam in der Kälte ausgegraben und in den Keller geschleppt werden. / Meistens mit dem Rückenkorb. / Schwierige Zeiten für jedermann. / Vor ab für die gebärende Mutter. / In ganz engen Platzverhältnissen kommt das Kind zur Welt. / Eine Stube und eine Küche ohne fliessendes Wasser. / Mit Trocken-WC.“

François Meichtry: „Vor 80 Jahren“. In: Palim aha Palim, Seite 68

Über 200 lyrische Texte sind im Buch „Palim aha Palim“ versammelt. Der Autor bezeichnet sie als „Miniaturen“. Trotz der Diversität der Texte, lässt sich dennoch ein roter Faden erkennen, der die Texte verbindet. Es sind dies die eigene Beobachtung, insbesondere in der Natur, in den Jahreszeiten. Und es sind dies Erlebnisse und Empfindungen bei Spaziergängen und Ausflügen. Und immer münzt der Autor seine Beobachtungen um in philosophische Gedanken. Stellvertretend dazu der Text „Wenn ein neuer Morgen“:

„Wenn ein neuer Morgen dich beküsst, / Ein warmer Sonnenstrahl dein Auge trifft. / Und dich beglückt, / Ja dich berückt, / Frischer Schwung dein Leben bekommt. / So gehen wir’s an. / Fast mit Freuden wälzen wir / Den schweren Stein / Den Berg hinauf. / Wir haben’s geschafft wie Sisyphus. / Der Frühling beginnt zu rauschen. / In allen Farben. / So ist das Leben / Mega schön.

François Meichtry: „Wenn ein neuer Morgen“. In: Palim aha Palim, Seite 177.

Die Aktualität und insbesondere die traumatisierende Gegenwart kommt in François Meichtrys neustem Werk auch zum Zuge. Es ist die bedrückende und kriegerische Gegenwart, die den Autor in seinem Schreiben beschäftigt. Und nicht selten sind auch kritische Gedanken mit dabei, so wie im Text „Flüchtlinge“:

„Flüchtlinge fliehen aus der Ukraine. / Bomben sind gefallen und fallen weiter: / Das Haus wird unbewohnbar, / Die Küche ist zum offenen Schaufenster geworden. / Schlimmer: Ein gähnendes Loch. / Eilends packt die Familie ihren Koffer und / Springt auf den nächsten Zug / Gen Westen. / Noch einmal davongekommen! / Stundenlanges Warten an der Grenze. / Immerhin fern vom Albtraum: Raketenhagel. / Bald werden 100000 Unterkunft in der Schweiz finden. / Die Gastfreundschaft der Bevölkerung scheint gross. / Die Ukrainer sind wahre Freiheitskämpfer. / Dankbar sollten wir ihnen sein, / Wenn sie dem barbarischen Regime die Stirne bieten. / Da erscheint die Neutralitätsdiskussion hierzulande / Geradezu lächerlich und absurd, / Ja sogar parteiisch / Zugunsten des mörderischen Aggressors.

François Meichtry: „Flüchtlinge“. In: Palim aha Palim“, Seite 206

François Meichtry ist 1941 in Guttet-Feschel ob Leuk geboren. Er besuchte das Gymnasium in Marienburg bei Rheineck und in Einsiedeln. Er legte die Matura ab mit Latein und Griechisch. In St. Gabriel bei Wien, in Bern und in Paris widmete er sich dem Studium von Philosophie, Romanistik und Germanistik. Parallel zum Studium unterrichtete er als Assistant d’Allemand am Lycée Henry IV in Paris. Ein Vierteljahrhundert lang war er anschliessend Lehrer am Briger Kollegium Spiritus Sanctus. François Meichtry lebt heute in Binningen bei Basel.

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig