„Warum es die Welt nicht gibt“ – Ein Buch für alle, die mal tüchtig Denksport betreiben wollen.

Wir können nur bestimmte Erscheinungen unserer Welt erkennen, alles andere bleibt im Dunkeln, schreibt der Philosoph Markus Gabriel. New York by Night ist eine mögliche Erscheinung unserer Welt. (Symbolbild: Kurt Schnidrig)

Der angesagte deutsche Philosophie-Professor Markus Gabriel wartet mit einem spektakulären Buchtitel auf: „Warum es die Welt nicht gibt“. Mit seinem Buch-Bestseller wagt er sich an die schwindelerregend grossen Fragen der Menschheit. Allerdings: Dass es DIE WELT nicht gibt, ist eigentlich eine alte Weisheit. Eine alte Weisheit allerdings, die bis heute die wenigsten verstanden haben.

Warum soll es die Welt nicht geben? Die Antwort auf diese Frage ist einfach: Wir können nie die Welt als Ganzes erkennen, wir können nur einzelne Ausschnitte unserer Welt sehen. Der Philosophie-Professor Markus Gabriel spricht von verschiedenen Sinnfeldern, aus denen unsere Welt bestehe. Wir können nur bestimmte Erscheinungen unserer Welt wahrnehmen, alles andere bleibt im Dunkeln, schreibt er.

Autor Markus Gabriel vertritt die Idee von einer Welt mit unendlichen Möglichkeiten. Zur Welt gehört nicht nur der Erdball, die Erdkugel, nein, zur Welt gehören auch alle unsere Gedanken und unsere so ganz verschiedenen Wahrnehmungen.

Die Welt ist demnach nicht nur das Universum, die unendliche Weite mit den vielen Sonnen und Planeten, in der die Menschen in einem ruhigen Seitenarm der Milchstrasse ihre Zivilisation aufgebaut haben. Die Welt ist erheblich grösser als das Universum. Zur Welt gehören auch die Staaten, zur Welt gehören auch unsere Träume und unsere Gedanken, unsere Kunstwerke, unsere Ideale, unsere Gesetze und Gebote. All dies gehört ebenfalls zum Weltganzen.

Aus der Sicht des Philosophen Markus Gabriel kann die Welt somit nicht identisch sein mit dem, was die Naturwissenschaften unter „Welt“ verstehen. Die Physiker und Biologen verstehen unter dem Begriff „Welt“ nur die Erdkugel, den Globus. Was da fehlt, ist die Sicht von „Welt“ aus der Perspektive von Soziologie, Rechtswissenschaft und Germanistik.

Die Welt ist mehr als eine Kugel, die Welt gibt es nur in der Mehrzahl, es gibt nur Welten. Ein Beispiel? Im Radiostudio befragt die Moderatorin den Literaturexperten. In dieser Situation ist das Radiostudio eine eigene Welt, aber darin lebt auch die Moderatorin in ihrer eigenen Welt und auch der Literaturexperte lebt in seiner eigenen Welt. Die Welt besteht aus verschiedenen Formen. Markus Gabriel spricht von „Sinnfeldern“.

Warum es die Welt nicht gibt. Noch ein konkretes Beispiel gefällig? Stellen Sie sich vor, liebe Leserin, lieber Leser, Sie gehen mit mir zusammen zum Nachtessen in ein Restaurant. Im Restaurant gibt es nicht nur einen einzigen Bereich, da gibt es nicht nur das Restaurant mit den vier Wänden. Da gibt es noch viel mehr. Wir beide sind vermutlich nicht die Einzigen im Restaurant. Da gibt es auch noch andere Besucher mit anderen Gruppendynamiken. Auch Besucherinnen mit anderen Vorlieben. Dazu kommen auch noch die Welten des Service-Personals, die Welt der Restaurant-Besitzerin, die Welt der Küche, die Welten der Insekten und der Spinnen, die Welten der unsichtbaren Bakterien. Und es gibt da auch noch die Welten der verschiedenen Besuchenden mit Verdauungsstörungen oder mit Hormonschwankungen… All dies gehört zu einem Restaurant-Besuch dazu, es ist gewissermassen inklusive.

Wir verbingen unser Leben in kleinen, isolierten Welten. Deshalb gibt es die Welt als singulären Begriff nicht. „Warum es die Welt nicht gibt“ ist ein wuchtiges und spannendes Buch, das zum Denken anregt und fasziniert.

Hören Sie den Podcast aus der Live-Sendung „Literaturwälla“ auf Radio Rottu Oberwallis. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Stefanie Sterren)

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig