Markus Kislig ist ein angesagter Autor von Freilicht-Theatern im Berner Mittelland. Regelmässig schreibt er Lustspiele und Krimis mit aktuellem Bezug, die während des Sommers unter freiem Himmel zur Aufführung gelangen. Das diesjährige Stück trägt den Titel «Di schönii nöii Wält», in der auch Oberwalliser Theaterschaffende mitbeteiligt sind. Was Markus Kislig bedauert und bewegt: In den Dörfern verschwindet immer mehr Infrastruktur. Die Post zieht sich zurück, die Beizen müssen dicht machen, der Dorfladen muss schliessen, die Käserei ist verschwunden. Eine Situation, die uns auch im Oberwallis zu schaffen macht.
Zum aktuellen Stück «Di schönii nöii Wält»: Ruedi und Housi leben ein gemütliches Leben in ihrem Dorf. Heu mähen (lassen), Kühe betreuen und im Dorftreff bei fünf sechs Bier den Morgen ausklingen lassen. Das alles ändert sich aber als das verschlafene Dorf plötzlich Internet erhält und eine motivierte, ideenreiche Unternehmerin aus der Stadt den Frauen des Dorfes die Vorzüge des Online-Shoppings aufzeigt. Als dann auch noch die einzige Arztpraxis schliesst, bringt eine beliebte Physiotherapeutin aus dem Wallis viel frischen Wind ins verschlafene Dörfchen.
Der Theaterverein Gurzele wurde im Jahr 2006 von Markus Kislig, Therese Wüthrich und Christine von Känel gegründet. Auch Emanuel Kislig war damals als 5-jähriger bereits dabei. Seitdem spielt der Theaterverein Gurzele etwa alle zwei Jahre ein Lustspiel oder einen Krimi mit leicht sozialkritischem Hintergrund. Die Idee ist es, die „Mächtigen“ zum Nachdenken anzuregen und den „Machtlosen“ einen Abend lang gute Unterhaltung zu bieten. Wir haben uns mit dem Theaterautor Markus Kislig unterhalten:
Kurt Schnidrig: Markus Kislig, seit fast zwanzig Jahren hast du dir als Autor von Volkstheater-Stücken einen Namen gemacht. Gegründet wurde das Theater Gurzelen im Jahr 2006. Wie war das damals?
Markus Kislig: Wir waren ein paar Interessierte, die der Ansicht waren, es laufe nicht mehr so viel in den Vereinen. Vor allem wurden bei Aufführungen aktuelle Themen kaum aufgegriffen. Alles war irgendwie altertümlich. Um historische Stücke aufzuführen, fehlte uns das Geld. Es war dann vor allem meine Frau Therese Wüthrich, die mit ihrer Freundin Christine Von Känel die Gründung des Theatervereins in die Wege geleitet hatte. Bereits bei der zweiten Aufführung war dann auch unser Sohn Emanuel dabei, der stand mit sieben Jahren zum ersten Mal auf der Bühne.
Jedes zweite Jahr spielt ihr ein Lustspiel oder einen Krimi…
Ja, wir versuchen die Leute gut zu unterhalten, wir versuchen auch modernes Theater zu bieten. Die jeweiligen Stücke werden zu aktuellen Themen geschrieben wie zum Beispiel zur Finanzkrise, zu Korruption (die es ja in der Schweiz nicht gibt, da spricht man von Vetternwirtschaft) oder zu den Banken, mit denen ich persönlich auch einige unerfreuliche Erlebnisse gehabt habe.
Dramen und Tragödien kommen in deinem Repertoire eher nicht vor. Was ist der Grund dafür?
Die kommen nicht vor, weil ich selber nicht das Gefühl habe, dass ich Dramen oder Tragödien schreiben kann. Dazu muss ich auch noch sagen, dass in der Welt genug Elend und Krieg herrscht. Deshalb glaube ich, dass die Leute eher lachen möchten, wenn sie ins Theater kommen. Manchmal allerdings bleibt dem Publikum das Lachen im Halse stecken.
Schüttelst du die Stücke gewissermassen aus dem Ärmel? Schreibst du die Stücke autodidaktisch?
Ich bin Autodidakt. Ich habe nie in dieser Richtung irgendwelche Studien betrieben. Mit 13 Jahren habe ich das erste Stück geschrieben. Das Schreiben von Theaterstücken ist immer in mir drin gewesen. Nun stehe ich kurz vor der Pension und habe dann Zeit. Ich möchte das Schreiben von Theaterstücken intensivieren.
Markus, hast du irgendein Vorbild beim Schreiben deiner Theaterstücke
Mein Vorbild ist Carl Albert Loosli, er hat das Stück „Die Schattmattbauern“ geschrieben, das ist ein Krimi und die Story spielt etwa um 1900. Loosli war ein Sekundarlehrer und er ist bei den bürgerlichen Kreisen eher „abgestürzt“. Carl Albert Loosli hat mit seinem Roman «Die Schattmattbauern» für Gesellschaftskritik und soziale Anliegen eine spezielle, mehrheitsfähige Literaturform benutzt: Den Kriminalroman. Er gilt als schweizerischer Pionier dieser Gattung und beeinflusste Friedrich Glauser ebenso wie Friedrich Dürrenmatt.
Und Carl Albert Loosli beeinflusste auch den Stückeschreiber Markus Kislig. Markus, in den vergangenen Jahren hast du hier im Berner Mittelland mit Erfolg gleich mehrere eigene Theaterstücke aufgeführt. Darunter etwa die Stücke „Wer anderen eine Grube gräbt“, „Varietè Moulin Bleu“ oder „Eine Leiche zu wenig“ etc. Was ist dir davon ganz besonders in Erinnerung geblieben?
Weil ich ja in der Regel auch selber mitspiele, ist mir vor allem „Varieté Bleu“ geblieben. Dazu muss man wissen, dass man „Varieté Rouge“ natürlich nicht brauchen darf, weil dieser Name geschützt ist. Das Stück „Varieté Bleu“ durften wir auch „auswärts“ aufführen. Im Stück spielte ich zusammen mit einer Kollegin einen Heiratsschwindler. Wir sassen vor dem Vorhang und wir hatte beide keine Ahnung mehr, wie wir nun anfangen könnten.
Kommen wir nun noch auf das aktuelle Stück zu sprechen. Das neuste Stück heisst „Die schönii neuii Wält“. Was sind die Grundgedanken, die dich zum Schreiben dieses Stücks motiviert haben?
Die Grundgedanken zu meinem Stück: In den Dörfern verschwindet immer mehr Infrastruktur. Die Post zieht sich je länger je mehr zurück. Die Beizen und Restaurants müssen dicht machen. Die Käserei ist verschwunden. Es bleibt eine Schlafgemeinde zurück. Das ist für uns im Bernbiet, mit dem riesigen „Speckgürtel“ um Bern herum, mit den vielen Vorort-Gemeinden, wo 250‘000 bis 300‘000 Menschen wohnen, eine schwierige Situation. Denn Kultur ist in diesen Gemeinden sehr schwierig zu bewerkstelligen, weil hier die Infrastruktur fehlt.
Gibt es seitens von Stadt und Kanton Bern auch Unterstützung? Oder müsst ihr alles selbst zusammensuchen und auf die Beine stellen? Auch selbst auf Sponsorensuche gehen?
Wir sind rein privat organisiert. Wenn man vom Kanton oder vom Staat unterstützt werden möchte, dann müsste man im Team entweder einen Profi-Regisseur haben oder einen Profi-Schauspieler. Das können wir uns nicht leisten, das ist auch nicht unser Ziel. Wir möchten ganz einfach alle Spass haben am Theaterspielen. Ein Stamm von vier bis fünf Mitmachenden ist immer dabei, die anderen suchen wir je nach Stück dann jeweils noch dazu.
Vielen herzlichen Dank, Markus Kislig. Nun sind wir gespannt auf das Stück „Die schönii neuii Wält“, auf das Freilichttheater in Seftigen.
Tickets / Reservation: theater.guerbechempe@gmail.com, 079 404 84 81 (Tel./SMS). Mehr auf www.gürbechempe.ch
Den Literatur-Hängert können Sie jederzeit nachhören auch auf www.pomona.ch/rro.
Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig