
„Wie kommen die Bücher zu den Verlagen?“, Katja Alves überrascht ihre Zuhörerschaft in der Mediathek in Brig mit Insider-Wissen. Ein Blick ins Publikum offenbart: Es sind fachkundige Personen anwesend, Fachkräfte aus dem Schul- und Erziehungswesen, engagierte Mütter und Väter. Eingeladen hat der Verein Kinder- und Jugendmedien Wallis. Mit Bilderbüchern für Kinder sind wohl alle Anwesenden vertraut, da ist es verständlich, dass ein Blick hinter die Kulissen möglicherweise noch zusätzliche Informationen liefern kann.
Dazu ist Katja Alves prädestiniert, bringt sie doch mannigfache Erfahrungen mit. Die gebürtige Portugiesin ist in Zürich aufgewachsen und hat daselbst ihre Ausbildung absolviert. Sämtliche Ausbildungen habe sie „manierlich abgeschlossen“, hält sie lachend fest: Die Ausbildung zur Flugverkehrsassistentin, zur Buchhändlerin, zur Dokumentalistin, zur Radiojournalistin. Katja Alves ist Autorin von Büchern, Hörspielen, Kolumnen und auch von Artikeln und Reportagen. Heute arbeitet sie vor allem als Autorin von Kinderbüchern, als Lektorin und als Schreibcoach.
„Der Büchermarkt funktioniert bestens für Kinder bis zu10 Jahren, danach beginnt der Konkurrenzkampf um Lesewillige“, hält Katja Alves fest. Das leuchtet ein, denn es sind ja vorwiegend die Eltern, die Bilderbücher für die Kinder kaufen. Zum Glück wartet der Literaturbetrieb auch immer wieder mit Ausnahmen auf, das analoge Buch hat keineswegs ausgedient, im Gegenteil, es ist vielerorts wieder durchaus angesagt.
Im Publikum sitzen auch potenzielle Autorinnen. Katja Alves berichtet von Stammautoren, Hausautorinnen und von einer Autoren-Akquise, die es Einsteigerinnen erschweren, im Buchgeschäft Fuss zu fassen. Und was ist mit den tollen eigenen Ideen, die sich doch so wunderbar in einem Bilderbuch ausbreiten liessen? „Verlage haben ein Verlagsprogramm“, wiegelt Katja Alves ab.
Nicht selten greifen Kinder und Erwachsene am liebsten zu den gewohnten Bilderbüchern: Zum „Regenbogenfisch“ von Markus Pfister etwa oder zu „Lauras Stern“ von Klaus Baumgart. Ganz nach dem Motto: Was den Eltern früher gefallen hat, das kann doch für den Nachwuchs heutzutage so schlecht gar nicht sein. Dieses Denken erschwert natürlich die Positionierung von neuartigen Ideen für Bilderbücher, die dem eigenen Gedankengut entsprungen sind.
Kommt dazu: Die Herstellung eines Bilderbuchs ist teuer, wenn nicht eine Grossauflage generiert werden kann. Und die Autorenschaft erhält pro verkauftes Buch meistens nur gerade ein paar wenige Rappen oder Cents. Und ein Papp-Band (Hardcover) lohnt sich nur, wenn das Bilderbuch bereits ein Bestseller ist. In Deutschland gilt eine Auflage von 6000 Exemplaren als gewinnbringend. Auflagen von 1000 bis 2000 Büchern generieren in der Regel ein Verlustgeschäft.
Ob die gute Idee für ein Bilderbuch von Erfolg gekrönt sein wird, darüber entscheiden die Verlage. Die Diskussionen drehen sich um Fragen wie: Gibt es bereits Vergleichbares? Handelt es sich um ein relevantes Thema? Welche Zielgruppe wird angesprochen? Die „Renner“ im Bilderbuchgeschäft sind oftmals die Gutenachtgeschichten, ein erfolgreiches Bilderbuch hat oftmals nur gerade 32 Seiten.

Kurt Schnidrig: Frau Alves, wir durften einen Kurs mit Ihnen besuchen über Bilderbücher. Sie selbst sind Autorin von über 70 Büchern. Was eigentlich macht für Sie ein „geniales Bilderbuch“ aus?
Katja Alves: Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, ein geniales Bilderbuch ist ein Buch, mit dem man sich identifizieren kann. Bei einem Kinderbuch finde ich es ganz wichtig, dass sich die Kinder in den Büchern wiederfinden. Die Kinder sollen sich angesprochen fühlen. Die Kinder sollten im Buch auch immer etwas von ihrem eigenen Alltag wiederfinden. Das Buch sollte aber auch unterhaltend sein. Bücher sollten Komplizen für die Kinder sein. Im Bilderbuch hat es viel weniger Text und dafür mehr Bilder, da finde ich es spannend, wenn eine Dramaturgie vorhanden ist. Bilderbücher sollten am Schluss auch noch einen kleinen „Twist“ haben, irgendetwas, was man nicht erwartet hätte. Bilderbücher sollten immer auch eine Prise Humor aufweisen.
Sie sind Autorin von über 70 Büchern. Könnten Sie uns ein Bilderbuch empfehlen, das sich ganz besonders gut als Geschenk eignet?
Nun bin ich versucht zu antworten: Alle Bilderbücher! Ein Buch, woraus ich immer wieder vorlese und das mir besonders viel Freude bereitet, ist „Mafalda“. Es gibt mehrere Mafalda-Bücher, zum Beispiel „Mafalda mittendrin“, dabei handelt es sich um vier Bände. In den Mafalda-Büchern wird auf zwei Ebenen erzählt. Da sind einerseits die Tiere, die miteinander Dialoge führen und ihre eigene Geschichte erleben. Und andererseits sind da die Kinder, die eine ganz andere Geschichte erleben. Die Menschen wissen nicht, dass Tiere auch sprechen können. Daraus ergeben sich spannende Geschichten, die für mich auch zum Schreiben lustig waren. Ich glaube, dass die Kinder daran viel Freude haben werden.
Woran arbeiten Sie zurzeit? Wird demnächst ein neues Buch von Ihnen erscheinen?
Ja, da haben Sie mich nun an einem wunden Punkt erwischt. Eigentlich sollte ich jetzt zu Hause sein und mich einer Überarbeitung widmen. Ich arbeite an einem Buch, dessen Titel noch nicht feststeht. Es handelt sich um einen Kinder-Roman. Ich erzähle von einem Mädchen, deren Eltern ein Zimmer vermieten möchten, was dem Mädchen überhaupt nicht gefällt. Zudem wartet ein kleiner Krimi auf die Veröffentlichung.
Wir sind gespannt. Herzlichen Dank, Frau Alves.

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig