Kürzlich diskutierten wir im rro-Studio Barrique in Eyholz zum Thema „Das Wunder des Lesens“. Mit dabei auch die bekannte Literaturkritikerin Christine Tresch. Sie berichtete über den neusten Stand der Forschung. Anscheinend soll es tatsächlich so sein, dass die Frauen mehr lesen und dass sie die besseren Leserinnen sind. Die renommierte Hirnbiologin Nicole Strüber kommt in ihrem aktuellen Bestseller „Die erste Bindung“ ebenfalls auf dieses Thema zu sprechen. Ob man gut und gerne liest, hängt von der Testosteron-Konzentration ab. Viel Testosteron verringert die Fähigkeit zur Empathie. Die Empathie ist die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen. Testosteron verhindert demnach auch die Fähigkeit, sich zum Beispiel in die Figuren eines Romans einzufühlen. Weil nun aber die Männer das Testosteron in grossen Mengen in ihren Körpern produzieren, ist bei ihnen die empathische Reaktion auf die Emotionen anderer verringert. Dies gilt insbesondere auch für die Figuren in einem Roman. In unserer Gesprächsrunde wurde dieser Befund allerdings heftig kritisiert, denn es ist ebenso möglich, dass Männer den Frauen in der Fähigkeit, Empathie zu empfinden, in nichts nachstehen, ihr Mitgefühl allerdings nicht bereitwillig äussern. Sind wir Männer also vielleicht doch ganz gute Leser? Wollen wir es vielleicht nur nicht wahrhaben, weil wir durch die Erziehung zu harten Testosteron-Kerlen wurden?