Happy Birthday, Totemügerli!

„Der Schöppelimunggi u der Houderebäseler si einischt schpät am Abe, wo scho der Schibützu durs Gochlimoos pfoderet het, über s Batzmättere Heigisch im Erpfelti zueglüffe u hei nang na gschtigelet u gschigöggelet, das me z Gotts Bäri hätt chönne meine, si sige nanger scheich…“. So beginnt die Geschichte vom Totemügerli. 

„Ds Totemügerli“ ist 50 Jahre alt geworden. 1967 hat Franz Hohler erstmals die Geschichte vom Schöppelimunggi und dem Houderebäseler erzählt. Äs bärndütsches Gschichtli nennt Franz Hohler seine Kurzgeschichte „Ds Totemügerli“. Wir würden Franz Hohler als Schweizer Schriftsteller in die Literaturgeschichte aufnehmen, auch wenn er sonst gar nichts mehr geschrieben hätte.  Das Kleintheater Luzern feiert den 50. Geburtstag zusammen mit dem Totemügerli, dessen Autor und vielen illustren Gästen.

Was macht den besonderen Charme dieser Geschichte aus? Ds Totemügerli besteht teils aus eigens erfundenen Wörtern, die nur in dieser Geschichte vorkommen. Ja, es gibt vereinzelt sogar Wörter, die erstmals in dieser Geschichte vorkommen und von da den Weg ins heutige Berndeutsche gefunden haben. Dazu gehört etwa das Wort „agschnäggelet“. Wörtlich übersetzt ins Hochdeutsche heisst das Wort „angeschneckt“. Die Bedeutung des Wortes „anschnecken“ entspricht in etwa „angeödet sein“ oder „sich belästigt fühlen“. Wenn jemand sich langsam und schleimig wie eine Schnecke an mich heranmacht, dann fühle ich mich „angeschneckt“.

Das „Totemügerli“ ist eine Rarität in der Literatur. Es handelt sich um ein „Gromolo“. Das ist eine Erzählung in einer Kunst- oder Phantasiesprache. Die Geschichte entstand 1967 im Rahmen von Hohlers Kabarettprogramm „Die Sparharfe“.

Was aber ist ein Totemügerli überhaupt? In der Geschichte sind es Seelenaussauger, unheimliche Wesen, die sich auf dem Friedhof aufhalten und sich dort an Leichen heranmachen, diese umplatzieren und ihnen wohl auch den Rest von Seele aussaugen, der sich noch in den toten Körpern befindet. In der Geschichte vom Totemügerli bittet gleich eine ganze Fussballmannschaft von Seelenaussaugern die beiden sich streitenden Nachtschwärmer, den Schöppelimunggi und den Houderebäseler, ihnen zu helfen, die Leiche der alten Buchbinderin aus dem Friedhofsareal zu schleppen. Einem Seelenaussauger darf man keinen Wunsch abschlagen. Als dann aber die tote Buchbinderin während des Transports erwacht und zu sprechen beginnt, rennen die Beiden davon. Die Rache der Seelenaussauger ist schrecklich. Der eine wird schwach und elend wie ein halbtoter Vogel, der andere ist seit dieser Nacht spurlos verschwunden. Das Grab der alten Buchbinderin fand man nie wieder.

Franz Hohler hat auch eine rätoromanische Version des „Totemügerli“ geschrieben, in Rätoromanisch heisst es „Il malur da la fuorcla“. Es existiert auch eine Version auf Französisch. Franz Hohler ist 1943 in Biel geboren. Er begann in Zürich zu studieren, brach aber sein Studium der Germanistik und Romanistik wegen der grandiosen Erfolge seiner Soloprogramme ab. Mit verschiedenen Ein-Mann-Programmen gastierte er in vielen Ländern, darunter auch Kanada, Marokko und Tunesien. Heute lebt Franz Hohler als Schriftsteller in Zürich.

Franz Hohlers neustes Werk heisst „Das Päckchen“ und ist bei Luchterhand erschienen. Hohler erzählt die dubiose Geschichte rund um eine verschollen geglaubte mittelalterliche Handschrift. Das ist eine Geschichte, die wunderbar unterhaltend ist.

Text und Foto (Archivfoto): Kurt Schnidrig