Sie war eine wunderbare und grossartige Hündin. Als ich eines Morgens zur Arbeit fuhr, fand ich sie angebunden an unserem Briefkasten. Im Arbeitsstress brachte ich die Hündin auf den Polizeiposten. Man möge doch bitte den Besitzer ausfindig machen, flehte ich die Beamten an. Noch am gleichen Tag standen die Beamten vor unserer Haustüre und baten mich, doch den Hund „einstweilen“ aufzunehmen. Der Hund blieb dann Monate bei uns. Unvorbereitet und völlig überrascht, fand ich mich in der Rolle eines Hundebesitzers wieder. Wir suchten ein Plätzchen für „Tschitta“, denn eigentlich hatte ich nur an den Wochenenden die Zeit gefunden, mich mit dem Hund intensiv zu beschäftigen. Er war topfit, ungemein sportlich und sehr viel schneller auf den Beinen als fast alle seine Hundekolleginnen und -kollegen. Nahm ich Tschitta zum Joggen mit, hatte ich jeweils ein rennmässiges Intervall-Training zu absolvieren. Doch wer unvorbereitet einen derart schnellen und vifen Hund zu betreuen hat, der lebt ständig mit einem schlechten Gewissen und mit der Angst im Nacken, dass das Tier irgendwann ausbüchsen könnte. So kam es, dass ich mich von Tschitta trennen musste. Ich gab sie in berufene Hände. Der Abschied schmerzt bis heute. Aber unvorbereitet und mitten im Arbeitsstress sah ich damals keinen anderen Ausweg. Ich war im doppelten Sinne „auf den Hund gekommen“.
Die Redensart „Auf den Hund gekommen“ gebrauchen wir sowohl in negativer als auch in positiver Bedeutung. Wer in schlimme (äussere oder gesundheitliche) Umstände geraten ist, der sagt heute, er sei auf den Hund gekommen. Früher war „auf den Hund gekommen“ eher als Zeichen des sozialen Aufstiegs zu betrachten: Händler und Hausierer transportierten ihre Waren oftmals aus eigener Kraft auf Schubkarren, Handwagen oder in einem vorgehängten Bauchladen. Dazu war eigene Muskelkraft vonnöten. Wer sich ein Hundegespann leisten konnte, statt die eigene Muskelkraft einsetzen zu müssen, der war sozial besser gestellt.
„Jagd ohne Hund ist Schund“, so lautet ein uralter Jägerspruch. Die Grünröcke meinen damit, dass die Jagd mit einem gut ausgebildeten Jagdhund viel effizienter ist. Vor allem ist mit einem Hund eine waid- und tierschutzgerechte Jagd eher möglich. Besonders gilt dies für Stöberjagden im Herbst, aber auch für die Jagd auf Reh, Hirsch und Wildschwein. Sogar für die Fuchsjagd im Fuchsbau ist der Hund als Freund und Helfer des Jägers äusserst hilfreich. Warum? Zum einen hilft der Hund schon mal beim Aufstöbern des Wilds. Von besonderer Wichtigkeit ist die Hilfe eines Hundes, falls sich die Jägerin oder der Jäger einen Fehlschuss erlaubt hat, oder wenn – was sich leider häufig ereignet – ein Wildtier von einem Auto angefahren wird. In diesen Fällen kommt es immer wieder vor, dass das verletzte Tier irgendwo liegen bleibt. Dies ist dann ein Fall für des Jägers Hund. Ein gut ausgebildeter Jagdhund verfügt zudem über die Fähigkeit, das erlegte Wild auf Kommando abzulegen. Besonders ausgebildete Apportierhunde müssen während der Niederjagd das Niederwild perfekt apportieren (herbeibringen) können.
Vorbildliche Jagdhunde stammen vom Wolf ab. Zu den Rassen, die sich besonders gut für die Jagd abrichten lassen, gehören die Terrier, die Dackel, die Beagle, die Cockerspaniel und die English Setter. Jede Rasse hat ganz eigene Kompetenzen. Einige verfügen über einen ausgeprägten Spürsinn. Dem Windhund beispielsweise fällt die Aufgabe zu, das flüchtende Wild möglichst schnell einzuholen. Der sogenannte Perforce-Hund jagt und hetzt das Wild so lange, bis die Beute ermüdet und der Jäger zum Schuss kommt. Der Schweisshund kommt erst dann zum Einsatz, wenn ein Wild bereits angeschossen ist und eine Blutspur hinterlässt.
Wer einen Jagdhund züchtet, der achtet zuerst einmal auf eine gute Gesundheit. Im Stammbaum eines Jaghunds sollten sich keine vererbbare Krankheiten eingeschlichen haben. Zudem sollte ein Jagdhund über einen stabilen Charakter und ganz allgemein über ein stabiles Wesen verfügen. Die Ausbildung eines Jagdhundes beginnt bereits kurz nach dessen Geburt. Wer sich die Ausbildung des eigenen Hundes selbst nicht zutraut, der kann die Hilfe eines Hundetrainers in einer Hundeschule in Anspruch nehmen.
Unsere „Tschitta“ wäre mit Bestimmtheit eine Königin unter den Jagdhunden geworden. Mit ihrer Schnelligkeit, ihrem Charakter und ihrer Cleverness wäre sie mit Bestimmtheit eine unverzichtbare Begleiterin eines jeden Jägers gewesen. Mehr noch! Unser Nachbar, selbst ein gewiefter Hundekenner, verriet mir eines Tages das Geheimnis von „Tschitta“. Sie gehöre wohl einer Rasse an, die man als „Pharaonenhunde“ bezeichne, meinte er. Mein Nachbar steckte mir einen Zettel zu, auf dem stand: „Der anmutige Anblick der Pharaonenhunds erinnert an Darstellungen von Anubis aus dem Alten Ägypten, sein ausgeprägter Bewegungsdrang und seine scharfen Sinne ergänzen einander perfekt. Der seltene Pharaonenhund von der Insel Malta ist ein begeisterter Jäger, der sich gutmütig, verspielt und gelehrig in Familien integriert.“ Erst viel später ist mir klar geworden, was ich mit „Tschitta“ verloren habe. Zu spät.
Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig