Pirmin Loetscher in der ZAP Brig: „Achtsamkeit ist unser Naturzustand“

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In der ZAP Brig erteilte der Life- und Business-Coach Pirmin Loetscher Ratschläge aus seinem Workbook „Achte auf dich“ (Bild: Kurt Schnidrig)

Ein vorwiegend weibliches Publikum erlebte den Auftritt des Life- und Business-Coaches Pirmin Loetscher in der Buchhandlung ZAP in Brig. Davon abzuleiten, dass Achtsamkeit vorwiegend die Frauen betrifft, wäre aber grundfalsch. Achtsamkeit ist für uns alle eine Schlüssel-Kompetenz, die wir in der Kindheit besessen haben, die aber mit dem Erwachsenwerden bei vielen von uns verloren gegangen ist.

Pirmin Loetscher im Interview mit Radio Rottu Oberwallis:

Kurt Schnidrig: Pirmin Loetscher, du bist hier in der ZAP Brig zu Gast. «Achtsamkeit» und «Entschleunigung» sind Schlagwörter, die in aller Leute Munde sind. Das Besondere ist nun, dass es ein Workbook dazu gibt. Warum ein Workbook?

Pirmin Loetscher: Das sagst du richtig. Die Themen «Achtsamkeit» und «Entschleunigung» sind sehr aktuell, weil wir im Gegensatz zu früher alle etwas mehr unter Stress sind. Vielleicht haben wir auch nur einfach das Gefühl, dass wir unter Stress sind. Dazu gibt es bereits nützliche Bücher, die Tipps dazu geben, aber es gibt bisher noch kein Buch, dass uns durch unseren Tagesablauf führt. Es geht dabei nicht bloss darum, das Buch nur zu lesen, sondern man muss in diesem Workbook sich selbst Fragen stellen und diese auch beantworten. Man arbeitet in diesem Workbook 15 Minuten pro Tag. Diese Zeit zu investieren für das eigene Leben, muss möglich sein. Diese 15 Minuten routinemässig einzusetzen, genau gleich wie Zähneputzen, das ist gut investierte Zeit, die dir persönlich zugutekommt.

Kurt Schnidrig: Beim Blättern in deinem Workbook ist mir aufgefallen: Das Buch eignet sich nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für Unternehmen. Sind da Unterschiede festzustellen?

Pirmin Loetscher: Das Thema ist für jeden Menschen gleich, ob er nun Unternehmer ist, Hausfrau, Hausmann oder was auch immer. Es gibt Dinge, die uns herausfordern und uns aus der eigenen Balance bringen. Deshalb ist das Thema für alle sehr aktuell. Jede und jeder hat irgendwo Stressfaktoren. Zum Beispiel wenn ein Autofahrer im Stau steht und sich vom Stau stressen lässt, was unnötig ist, weil man sowas nicht ändern kann. Oder wenn jemand bei der Arbeit oder zu Hause bei der Betreuung der Kinder sich gestresst fühlt. In solchen Fällen kann man mit Achtsamkeit sehr viel erreichen ohne allzu viel dafür investieren zu müssen, denn Achtsamkeit ist unser Naturzustand. Wir wissen eigentlich alle, wie der Naturzustand aussieht und wie er zu handhaben ist. Wir haben einfach nur verlernt, im Naturzustand zu leben.

Kurt Schnidrig: Achtsamkeit ist unser Naturzustand, sagst du. Zu viel aus deinem Buch sei nicht verraten, aber vielleicht doch beispielhaft eine Übung, die uns hilft, den Naturzustand der Achtsamkeit wieder herzustellen?

Pirmin Loetscher: Die Achtsamkeit soll zu einem Zeitpunkt hergestellt werden, den wir sowieso schon nutzen. Zum Beispiel können wir beim Aufstehen am Morgen entscheiden: Bleiben wir achtsam oder unachtsam? Unachtsam bedeutet zum Beispiel, wenn unser Handy auf dem Nachttischchen liegt, weil ich das Handy dann sofort einschalte, sobald der Wecker klingelt. So beschleunigen wir bereits kurz nach dem Aufstehen unseren Geist, das heisst, wir verursachen uns automatisch Stress. Das müsste nicht sein. Um mehr Achtsamkeit zu erlangen, brauchen wir also gar nicht mehr Zeit zu investieren. Wir brauchen uns bloss zu entscheiden, am Morgen anders aufzustehen.

Pirmin Loetscher in der Buchhandlung ZAP in Brig

Pirmin Loetscher demonstriert mit dem „Fingertest“ die Auswirkungen des positiven und des negativen Denkens (Bild: Kurt Schnidrig)

Beim Positivdenken ist man stärker. Pirmin Loetscher beweist diese These, indem er seine Zuhörer zu einem „Fingertest“ zu sich bittet. Beim positiven Denken lassen sich die Finger von einer fremden Person nicht öffnen, beim negativen Denken schon.

Wir arbeiten zwar zeitlich weniger als früher, trotzdem haben viele von uns weniger Zeit. Früher waren beispielsweise Schule und Arbeit am Samstagmorgen selbstverständlich. Auch die Ferienzeiten waren früher bedeutend kürzer als heute. Trotzdem fehlt vielen von uns die Zeit. Die Folge davon: Wir fühlen uns gestresst.

Wer oder was raubt uns Heutigen die Zeit? Nach Pirmin Loetscher ist vor allem das Natel. Wir haben den Umgang damit verlernt oder noch gar nie richtig gelernt. Wie gehen wir mit den vielen Stressfaktoren um? Einige Autofahrer fühlen sich im Stau gestresst, andere kommen damit gut zurecht.

Pirmin Loetscher blickt zurück auf Phasen, die sein Leben geprägt haben. Aufgewachsen auf einem Bauernhof, hat er einen paradiesischen Naturzustand erlebt. Doch dann folgten in der Adoleszenz stressige Phasen, ausgelöst durch den Raubbau, den er am eigenen Körper betrieben hatte. Das stürmische und stressige Leben mit Partys und Abenteuern aller Art war verantwortlich dafür.

Pirmin Loetscher erfand für sich das Mittel des Anker-Setzens. Er demonstriert vor Publikum, wie er auf Abruf eine Hühnerhaut auf seinen Armen erzeugen kann. Die Hühnerhaut hat den Zweck, die Panikattacken und allfälligen Stress abzuführen und abzuleiten. „Ankersetzen“ lautet der Fachbegriff dafür. Als Tennisspieler weiss Pirmin Loetscher, wovon er spricht. Erfolgreiche Tennis-Profis setzen Anker vor wichtigen Spielen. Anker können kleinste Gesten sein, Berührungen oder Handlungen. Sich kurz an eine Körperstelle fassen zum Beispiel.

Richtiges Denken ist wichtig: Es geht darum, die Gedanken im Jetzt zu behalten. Häufig leben wir nicht in der Gegenwart und nicht im jetzigen Augenblick. Wir sind häufig in Gedanken bereits voraus und verpassen somit, was jetzt geschieht. Dabei wäre wichtig, dass wir in vollem Bewusstsein das tun, was wir im jetzigen Zeitpunkt tun.

Ein gesunder Lebensrhythmus ist erstrebenswert. Dazu gehören auch immer wieder Erholungsphasen. Zu einem gesunden Lebensstil gehört insbesondere, dass man auch schlechte Lebensphasen akzeptieren und annehmen kann.

Wie gelingt der Transfer von Ratschlägen aus dem Workbook Achte auf dich in unser Leben? Empfohlen wird, die Übungen während 5 Minuten am Morgen und 15 Minuten am Abend umzusetzen. Das Buch hilft, unsere gängigen Muster des Alltags zu hinterfragen.

Der richtige Umgang mit Belastendem muss geübt werden. Vor allem macht uns Heutigen die Negativität der Online-Medien zu schaffen. Oftmals ist dabei hilfreich, ganz bewusst das Positive herauszuheben. Wir können zusammenstehen und einander eine positive Anekdote erzählen. Es braucht Übung, es braucht ein gezieltes Training, um das Positive immer wieder sehen zu können.

Pirmin Loetscher mit dem Schweizer Bestseller „Achte auf dich“, dem Workbook für mehr Achtsamkeit, Bewusstsein und Gelassenheit (Bild: Kurt Schnidrig) 

Das Buch Achte auf dich gibt Impulse zu insgesamt 12 Wochenthemen. Pirmin Loetscher bringt auf den Punkt: Achtsamkeit hört nie auf, Achtsamkeit erfordert laufend neue Entscheidungen.

Mehr dazu hören Sie in der Sendung Literaturwelle von Radio Rottu Oberwallis am Sonntag, 27. April 2025.

Text, Bilder, Interview und Radiosendung: Kurt Schnidrig