Was man schwarz auf weiss besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Ob dieser Satz im Zeitalter der Fake News noch stimmt? Das Zitat stammt aus Goethes „Faust“ (I. Teil, V. 1966f.) aus dem Jahr 1808. Das Zitat bezieht sich auf die schwarze Tinte bzw. auf die Druckerschwärze. Mehr als 200 Jahre nach Goethe kommt dem Gedruckten auch heute noch ein hoher Wahrheitsgehalt zu. Digitale Medieninhalte dagegen haben mit einem zunehmend schlechter werdenden Ruf zu kämpfen. Der Diskurs über den Wahrheitsgehalt von Texten – seien sie nun gedruckt oder digital – steckt aber immer noch in den Kinderschuhen. Immer mehr Medien nähern sich einer boulevardesken Berichterstattung an. Mit reisserischer Aufmachung und mit provokativen Texten buhlen sie um das lesende, hörende und zuschauende Publikum. Die Medien vertrauen darauf, dass immer weniger Konsumenten sich darauf verstehen, sich durch die Nachrichtenflut navigieren zu können.
Kritische Medienkompetenz. Die Fähigkeit, Medieninhalte verschiedensten Ursprungs kritisch hinterfragen zu können, avanciert in unserer Informationsgesellschaft zur Schlüsselkompetenz. Doch wer kann schon von sich selber behaupten, insbesondere die kaum kontrollierbaren digitalen Medieninhalte kritisch reflektieren zu können? In der Ausbildung jedwelcher Schattierung fristet die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz an und für sich schon ein Schattendasein. Das Fokussieren auf eine kritische Reflexionsfähigkeit fehlt meistens gänzlich. Printmedien und auch digitale Medien stehen in bedrohlicher Konkurrenz, der Kampf um Konsumenten lässt sie Grenzen überschreiten. Ethik und Verantwortung gegenüber der nach Informationen und nach spannenden Geschichten gierenden Kundschaft sind in den Hintergrund getreten. Die Verbreitung von Fake News zeigt eine steigende Tendenz. Bei den Fake News handelt es sich um bewusst irreführende oder missverständlich formulierte Informationen.
Digital und online. Während klassische Medien wie Zeitungen und Zeitschriften an Bedeutung verlieren, boomt insbesondere bei der jüngeren Generation die digitale Medienwelt. Als „wahr“ wird das angesehen, was durch die sozialen Kanäle vermittelt wird. Und noch verhängnisvoller: Was bei der Trefferanzeige der Suchmaschine zuoberst steht, wird meistens unbesehen übernommen. Einzig das Buch – insbesondere das Sachbuch – darf immer noch einen hohen Wahrheitsgehalt für sich beanspruchen. Die Buchbranche tritt mit getreuen Quellenangaben, mit Anmerkungen und mit einer glaubwürdigen Zitation der allgemeinen medialen Verluderung entgegen.
Kompetenzen im Lehrplan 21. Der unter viel Getöse und Kritik soeben in unseren Schulen eingeführte Lehrplan 21 verfügt über ein Modul „Medien und Informatik“. Hier lassen sich verschiedene Aspekte zur Informations- und Medienkompetenz finden. Wer nach Inhalten sucht, welche eine kritische Medienkompetenz bezwecken, der wird fündig, immerhin: Chancen und Risiken der Mediennutzung benennen und Konsequenzen für das eigene Verhalten ziehen. Und: Funktion und Bedeutung der Medien für Kultur, Wirtschaft und Politik beschreiben und darlegen, wie gut einzelne Medien diese Funktion erfüllen (z.B. Manipulation, Abhängigkeit). Ganz wichtig: Die Absicht hinter Medienbeiträgen einschätzen können. Diese angedachten Inhalte im Lehrplan 21 sind doch immerhin bereits ein Versuch. Allerdings steckt die Entwicklung von Lehr- und Lernmaterialien dazu in den meisten Kantonen noch in den Anfängen.
Eine kritisch-reflexive Medienbildung. Digitale Medien erobern sich zunehmend viel Platz in unserer komplexen Welt. Demgegenüber lassen viele Zeitgenossen die Fähigkeit vermissen, Informationen zu bewerten und im Sinne einer kritisch-reflexiven Medienbildung zu handeln. Nur wenn sich unsere Bildungsstätten und Kulturinstitutionen dieser klaffenden Lücke bewusst werden, lässt sich die zunehmende mediale Manipulation vermeiden.
Text und Foto (Symbolbild): Kurt Schnidrig