Theater ums Weihnachtstheater

Wo sind die Weihnachtstheater geblieben? Bis noch vor wenigen Jahren war es in vielen Gemeinden üblich, zur Weihnachtszeit die Dorfbevölkerung mit einem Schultheater auf die kommenden Festtage einzustimmen. Oh, es gibt sie schon noch, die Weihnachtstheater, allerdings nur noch vereinzelt. Ist es der dichte Stoffplan, der die Theaterspielerei in unseren Schulen blockiert? Das wäre wohl falsch, denn mit einem guten theaterpädagogischen Konzept können Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit bestens gelehrt und eingeübt werden. Oder ist das allmähliche Verschwinden des Weihnachtstheaters der Angst vor kulturell-religiösen Konflikten mit Kindern und deren Eltern aus anderen Ethnien zuzuschreiben? Auch dies wäre wohl eine Fehlentwicklung. Die Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen muss doch hoffentlich nicht das Aufgeben und Verdrängen des Weihnachts-Brauchtums bei uns bedeuten. Oder fehlt es letzten Endes ganz einfach an motivierten und kompetenten Spielleitern?

Wie hatten wir uns früher auf das Weihnachtstheater gefreut! Das Theaterfieber ergriff uns ab Ende der 1970er Jahre. An vielen Schulen entstanden Theatergruppen, die Lehrerbildung förderte die Qualifizierung von Spielleitern. Die Theaterpädagogik vermittelte fächerübergreifend und projektbezogen einerseits Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit, andererseits aber auch Fertigkeiten im rhetorischen Bereich. Dazu lehrte sie kreatives und selbstständiges Arbeiten. Vor allem aber liess sich mit Hilfe der Theaterpädagogik die Sozialkompetenz ausbilden. Ich erinnere mich an wundervolle Theateraufführungen zur Weihnachtszeit. Die Aufführungen haben uns als Studierende auf unserem weiteren Lebensweg zusammengeführt. Als Deutschlehrer und als Sprachdozent stand ich regelmässig zur Weihnachtszeit zusätzlich noch als Regisseur hinter der Bühne. Im muttersprachlichen Bereich liefern theaterpädagogische Arbeitsweisen in vielen Unterrichtssituationen sowohl die Lernmethode als auch die Präsentationsform. In eigenen szenischen Versuchen lassen sich die Studierenden sensibilisieren für die dramaturgische Auseinandersetzung mit Texten. Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, war es zudem vielen Studierenden möglich, wertvolle Erfahrungen fürs Leben zu sammeln. Das Weihnachtstheater stellt dazu eine Fülle von Themen bereit. Nachfolgend eine beispielhafte Auswahl:

Charles Dickens Weihnachtsgeschichte. Das ist der Klassiker schlechthin. Die weltberühmte Geschichte um den gefühlskalten und geizigen Geschäftsmann Ebenezer Scrooge, dessen Leben sich nach dem Besuch dreier Geister in der Weihnachtszeit grundlegend ändert, ist überzeitlich und wird weltweit gespielt. (Quelle: Theatrium).

Nussknacker und Mausekönig. Dabei handelt es sich um ein fantastisches Weihnachtsmärchen nach E.T.A. Hoffmann. Wenn immer um Mitternacht das Spielzeug zum Leben erwacht, beginnt ein erbitterter Kampf von Gut gegen Böse. Die kleine Marie ist die Einzige in ihrem Verwandtenkreis, die das gespenstische Treiben miterlebt. (Quelle: Theatrium).

Ein Engel auf Erden. Ein verwöhntes Kind wünscht sich zu Weihnachten viele teure Geschenke. Doch da zeigt ihm ein Engel, auf was es wirklich ankommt. Das ist ein Beispiel für ein Theater, das die Sinnfrage des Weihnachtsfests ins Zentrum stellt. (Autorin: Kerstin Zimpel).

Die Sensation in Bethlehem. Das kleine Krippenspiel ist konzipiert als Reportage mit Schaltungen zu den wichtigsten Orten der Weihnachtsgeschichte. Das Theaterstück nimmt die alltägliche Medienrealität als Grundlage für eine aktuelle weihnachtliche Berichterstattung über das Weihnachtsgeschehen. Was war da eigentlich vor zweitausend Jahren passiert? (Autor: C. Ludwig Winter).

Das erste Navi oder: Die Zukunft gabs schon immer. Die drei heiligen Könige Balthasar, Kaspar und Melchior haben aus ihren Schriften erfahren, dass es einen neugeborenen König geben soll. Sie brechen mit ihren Kamelen auf, um ihn zu besuchen und ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe zu bringen. Der Weg durch die Wüste erweist sich jedoch als beschwerlich. Da erscheint ein Stern, der sich als Wegweiser anbietet und sie bestens zur Krippe navigiert. Der Stern heisst charakteristischerweise „Navi“. Das Theaterstück verbindet die frühe biblische Zeit mit der Gegenwart. (Autorin Isolde Heinrich).

Fällt das Weihnachtstheater der wirtschaftsverliebten Schulpolitik zum Opfer? Bestimmt lassen sich gleich mehrere Gründe für den schleichenden Untergang des Weihnachtstheaters an unseren Schulen finden. Auf jeden Fall aber ist es jammerschade um die vielen jungen Talente, die im gemeinsamen Theaterspiel zur Weihnachtszeit lebensechte Schlüsselkompetenzen erwerben konnten.

Text und Fotos: Kurt Schnidrig