Der Tierarzt und Poet Bernhard Walker ist von uns gegangen. Im November 2018 hatte er noch einen unvergesslichen Auftritt als Poet im Alpmuseum Riederalp. Als Moderator durfte ich ihn durch diesen Kulturabend begleiten. Wer ein Leben lang als Tierarzt von Hof zu Hof reiste, der kennt nicht nur das bäuerliche Handwerk aus dem Effeff, dem ist auch die landwirtschaftliche Lebensart und Sprache vertraut. Auch als er das 90. Lebensjahr bereits überschritten hatte, war er immer noch als begnadeter Poet und Schriftsteller tätig. Sein letztes Werk heisst sinnigerweise „Zämurächu“, es ist dies ein Büchlein mit „Schpruchjini und Zellute vam Bernhard Walker“ (Rotten Verlags AG Visp, 2016).
„Zämurächu“. Das Bild des Zusammenrechens stammt aus der bäuerlichen Welt. Im Spätherbst wird es Zeit, das Laub und die Überbleibsel eines langen Sommers zusammenzurechen. Bezogen auf ein langes Leben war es auch für den Dichter an der Zeit, viel Poetisches aus seinem erfüllten Leben „zusammenzurechen“. Das darf man tun, wenn man das 90. Lebensjahr überschritten hat. Bernhard Walker spricht in Bildern. Er möchte die „gröübut Matta“ nicht mit dem breiten Rechen säubern. Rückblickend auf sein reiches Leben möchte er „zämurächu ohni Matta“. Er möchte bloss noch „naarächu“ und „fläätigu“, was da stehen geblieben ist während eines langen und spannenden Lebens.
Was bleibt bei der „Zämurächata“ hängen? Es sind „äs par Puschultini Heiw“, die während all der Jahre auf der Spielwiese des Lebens stehen geblieben sind. Er hat die „Puschultini Heiw“ in walliserdeutsche Sprüche, Gedichte und Erzählungen umgeformt. Darin plädiert er für ein Innehalten in einer schnelllebigen Welt, in der oftmals die Zeit fehlt für eine Rückschau auf das, was uns geprägt und geformt hat.
Poesiebuch in Gommertitsch. In „Zämurächu“ bringt Bernhard Walker kurz und träf auf den Punkt, was ihn beschäftigt hat. Er tut dies in reinem, perfektem und originellem Gommertitsch. Er berichtet etwa von den „Gütscher va Brig“, die als Herrschaften einen Kontrast abgaben zum bäuerlichen Leben. Immer zeigt er auch Herz für die armen „Schlarggini und Schnäpslera“. Trotz all der Härte des bäuerlichen Alltags schlich sich aber auch immer romantisch und geheimnisvoll das Gefühlhafte und Liebevolle ins Leben. Etwa dann, wenn ihn verliebte Blicke der jungen „Schnaarini“ ausgerechnet in der „Chrischtulehr“ trafen. Wie klein und übersichtlich doch die Welt damals noch war! „Uf dum grienu Bäichji vor z’Ittigsch Wirtschaft“ war das Lebenszentrum des Autors. Da liess sich trefflich „doorfu“ und „gschirru“.
Ein sonniges Gemüt. Was mich zutiefst am Poeten Bernhard Walker beeindruckte, das war sein Optimismus, der trotz der Härte und der ausschliesslich von Arbeit geprägten Lebenszeit damals die Gemüter erhellte. „Tüümu drääju“ war da fehl am Platz. „Obschi lüegu in d Sunna“, so wie die Sonnenuhr, hingegen schon. Die folgenden sonnigen Zeilen aus „Zämurächu“ könnten ein Teil seines dichterischen Vermächtnisses sein: „Nimm die Strahle, pack und fang schi! Tüe die Wermi sorgsam spiichru, so bischt im Winterschnee und Langsi, ja, ds ganz Jahr eine va de Riichru.“
Text und Fotos: Kurt Schnidrig